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Thüringen und Sachsen

"Wähler haben die Nase voll von Olaf Scholz": So berichtet das Ausland über die Landtagswahlen

  • Veröffentlicht: 02.09.2024
  • 14:16 Uhr
  • dpa
AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke am Wahlabend im Thüringer Landtag.
AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke am Wahlabend im Thüringer Landtag.© IMAGO/Chris Emil Janßen

Das historische Abschneiden der AfD in Sachsen und Thüringen wird in der internationalen Presse mit Sorge betrachtet - und als Ergebnis der Regierungsarbeit der Ampel. Ein Überblick.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die AfD hat bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen historische Erfolge erzielt.

  • Internationale Medien sehen darin ein vernichtendes Urteil für die Ampel-Koalition im Bund.

  • Die Wähler seien frustriert von der Politik der Regierungsparteien und suchten nach Alternativen.

Inhalt

Eine als rechtsextremistisch eingestufte Partei gewinnt in Deutschland eine Landtagswahl - das sorgt auch im Ausland für einiges Aufsehen. Internationale Medien versuchen, die Konsequenzen des historischen Wahlerfolges der AfD in Sachsen und Thüringen abzuschätzen und sehen in den Ergebnissen auch ein vernichtendes Urteil für die Ampel-Koalition im Bund.

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"Die Wähler haben die Nase voll von der Ampel"

"Das Debakel zeigt, wie sehr sich das Ansehen des Kabinetts von Kanzler Olaf Scholz im freien Fall befindet", schreibt die "Neue Zürcher Zeitung" und bescheinigt der Koalition von Kanzler Olaf Scholz, eine Politik zu machen, die die Mitte der Bevölkerung aus den Augen verliert. Sie dürfe sich nicht wundern, wenn die politischen Ränder erstarkten.

Das "Wall Street Journal" aus New York spricht vom Kollaps der Regierungsparteien. "Die Wähler haben die Nase voll von Olaf Scholz und einer Koalition, die Migration nicht steuern kann und sich trotz des greifbaren und wachsenden wirtschaftlichen Schadens an Klimazielen festklammert."

Man dürfe den Wähler:innen keinen Vorwurf daraus machen, keine Geduld mehr mit ihren dysfunktionalen Regierungsparteien zu haben. "Man sollte den Vorwurf den etablierten Politikern machen, die zu langsam sind und Nabelschau betreiben, während der Frust der Wähler steigt."

Im Video: Söder beim Gillamoos zu den Ost-Wahlen - "Das war schon ein Erdbeben"

Das Nachrichtenportal "Politico" greift zu einem drastischen Bild: "Das Ergebnis ist ein weiterer Nagel im politischen Sarg von Kanzler Olaf Scholz."

Die italienische Tageszeitung "La Stampa" sieht schwarz für ihn, sollte die SPD Ende des Monats in Brandenburg eine Niederlage kassieren. Dann "wird es für Olaf Scholz schwierig, die therapeutische Verbissenheit fortzusetzen, um im Kanzleramt zu überleben". Im Fall einer Niederlage von Ministerpräsident Dietmar Woidke sei eine Revolte gegen Scholz in der SPD nicht mehr auszuschließen, meint der Schweizer "Tages-Anzeiger".

Frustration, Migration, Stagnation

Wie ist das Wahlergebnis zu erklären? Aus Sicht der Londoner "Financial Times" ist klar: "Die Ergebnisse spiegeln die wachsende Frustration in Ostdeutschland über eine Regierung wider, die viele mit hoher Inflation, wirtschaftlicher Stagnation, steigenden Energiekosten und ständigen internen Streitigkeiten assoziieren."

Der "Tages-Anzeiger" nennt die Themen, mit denen AfD und BSW punkten konnten: "Breite Mehrheiten in Ostdeutschland wollen die irreguläre Einwanderung nicht bremsen, sondern stoppen - und die Lieferung von Waffen an die Ukraine ebenfalls. Beide Themen erklären den Triumph der rechtsextremistischen AfD und der neuen populistischen Querfront-Gruppe von Sahra Wagenknecht."

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:newstime

Die Kommentatoren sehen in dem Wahlergebnis auch Ausdruck des Erbes eines geteilten Deutschlands. 34 Jahre nach der Wiedervereinigung habe "eine Mehrheit der Bevölkerung in den beiden Bundesländern keine Loyalitätsbindungen zu den traditionellen Parteien", schreibt "Corriere della Sera" aus Italien. "Deren Entscheidungen akzeptieren sie nicht, deren Codes verstehen sie nicht, vielleicht teilen sie nicht einmal deren Konzept der Demokratie."

Im Video: Wird es doch eng für die AfD? Wahlergebnis in Sachsen wird korrigiert

Östliche und westliche Regionen drifteten immer weiter auseinander, schreibt der britische "Guardian". "Nach dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 prophezeite der ehemalige westdeutsche Bundeskanzler Willy Brandt, mit der Wiedervereinigung werde endlich 'zusammenwachsen, was zusammengehört'. 35 Jahre danach wirkt diese Vorstellung von einer natürlichen Heilung allzu optimistisch."

"Machtambitionen werden nur Wunschträume bleiben"

Die Wahlen seien ein "Wirbelsturm" gewesen, aus dem ein anderes Land hervorgehe, meint "Corriere della Sera". Sie offenbarten "ein Szenario des realen politischen Zusammenbruchs in dem Land, das traditionell an der Spitze der europäischen Wirtschaft steht", schreibt "El Mundo" aus Madrid.

Doch im Ausland wird auch schnell auf die Grenzen des AfD-Erfolgs verwiesen. AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke in Thüringen etwa sei vom Kanzleramt weit entfernt, er dürfte nicht mal Ministerpräsident seines Landes werden, schreibt die liberale Zeitung "Hospodarske noviny" aus Tschechien.

Der "Guardian" dazu: "Solange es den übrigen Parteien gelingt, den Cordon sanitaire um die Rechtsextremen aufrechtzuerhalten und sie daran zu hindern, eine absolute Mehrheit zu erlangen, werden ihre Machtambitionen wohl nur Wunschträume bleiben. Dennoch wirft die Etablierung der AfD als dominante regionale Kraft ernste und beunruhigende Fragen über die politische Identität Deutschlands und darüber auf, wie der Aufstieg solcher Kräfte in Zukunft eingedämmt werden kann."

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Auch "Politico" verweist auf den Boykott der anderen Parteien. "Und Thüringen, das rund zwei Prozent der deutschen Bevölkerung repräsentiert, spricht nicht für das ganze Land. Es spricht jedoch für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe von Wählern aus der früheren DDR, die besonders aufnahmefähig sind für radikale, gegen die EU und den Westen gerichtete Botschaften."

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