Wer wann was zahlen muss
Streitthema zur Bundestagswahl: Was bedeutet der Spitzensteuersatz?
- Veröffentlicht: 12.02.2025
- 14:06 Uhr
- Joachim Vonderthann
Im Wahlkampf und auch im Wahl-O-Mat taucht er auf: der Spitzensteuersatz. Doch der Begriff wird oftmals falsch verstanden. Worum geht es dabei eigentlich?
Im laufenden Bundestagswahlkampf kocht auch immer wieder das Thema Steuern hoch. Gerade beim Spitzensteuersatz verfolgen die Parteien unterschiedliche Ansätze. Doch was ist der heißt diskutierte Spitzensteuersatz überhaupt? Wer muss ihn zahlen, wie hoch ist er und wie steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern da? Ein Überblick.
Ab wann greift der Spitzensteuersatz überhaupt?
Ab einem zu versteuernden Einkommen von 68.481 Euro bis 277.826 Euro greift für Singles aktuell der Spitzensteuersatz, bei Ehepaaren gilt der doppelte Wert. Jeder Euro, der über der Grenze liegt, wird mit 42 Prozent besteuert. Das ist der niedrigste Spitzensteuersatz, den Deutschland je hatte. Der höchste Wert lag zwischen 1975 und 1989 bei 56 Prozent.
Nach dem Spitzensteuersatz kommt auch noch der Höchststeuersatz, auch "Reichensteuer" genannt und im Wahlkampf von manchen Parteien ein gern genommenes Thema. Dieser Steuersatz in Höhe von 45 Prozent greift ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.826 Euro oder der doppelten Summe bei Ehepaaren.
Gilt nicht auf das komplette Einkommen
Was bei sowohl bei Spitzen- und Höchststeuersatz wichtig ist, aber oft falsch verstanden wird: Nur das zu versteuernde Einkommen, das über den genannten Sätzen liegt, wird auch zu diesen Sätzen versteuert. Ein Beispiel: Verdient jemand 80.000 Euro brutto im Jahr, muss er nicht den kompletten Betrag versteuern. Vom Bruttolohn können etwa Posten wie Fahrtkosten, Werbungskosten, Ausgaben für die Altersvorsorge oder Kinderbetreuungskosten abgezogen werden. Was dann übrig bleibt, ist das zu versteuernde Einkommen, abgekürzt zvE.
Foto von brennendem Mann in Uniform
Dieses zvE ist maßgeblich für den jeweiligen Steuersatz. Liegt das zu versteuernde Einkommen also im genannten 80.000-Euro-Brutto-Beispiel bei etwa 64.000 Euro, greift der Spitzensteuersatz in diesem Fall überhaupt nicht. Er würde eben erst bei einem zvE von 68.481 Euro zum Tragen kommen. Liegt das zu versteuernde Einkommen angenommen bei 70.000 Euro, dann greift zwar der Spitzensteuersatz. Er wird aber nicht auf die komplette Summe angewendet, sondern nur auf die 1.519 Euro, die über dem Spitzensteuersatz liegen. Für die ersten 30.000 Euro der 70.000 Euro zahlen derjenige Bürger oder diejenige Bürgerin also genauso viele Steuern wie Steuerzahler:innen, die insgesamt nur 30.000 Euro an zu versteuerndem Einkommen haben.
Foto von brennendem Mann in Uniform
Verwendet man den Reichensteuersatz plus die Soli-Abgabe, die für hohe Einkommen immer noch gilt, dann kommt man für Deutschland auf einen Einkommenssteuerspitzensatz von 47,48 Prozent. Damit liegt die Bundesrepublik im Vergleich zu anderen europäischen Staaten laut Zahlen des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2023 im Mittelfeld. Die niedrigsten Höchststeuersätze haben demnach Bulgarien mit 10 Prozent, Ungarn mit 15 Prozent und Tschechien mit 23 Prozent. Am teuersten wird es für die Bürger:innen in Belgien (53,5 Prozent), Österreich (55 Prozent) und schließlich Frankreich mit 55,52 Prozent. Allerdings gelten in allen Ländern unterschiedliche Grenzwerte, aber wann die Höchststeuern greifen. In Österreich ist dies z.B. erst ab einem Einkommen von einer Million Euro der Fall. In Bulgarien und Ungarn gelten die (niedrigen) Sätze hingegen unabhängig vom Einkommen.
Das wollen die Parteien beim Thema Steuern
Doch was versprechen die Parteien in Sachen Steuern für Zeit nach der Bundestagswahl am 23. Februar? Teils gibt es ähnliche Vorschläge, teils gehen die Pläne aber diametral auseinander - oder bleiben eher vage.
SPD: Entlastung von 95 Prozent der Steuerzahler über Anhebung des Grundfreibetrags, bis zu dem keine Steuer anfällt (noch nicht konkretisiert), und der Einkommensgrenze beim Spitzensteuersatz (93.000 Euro). Für die Gegenfinanzierung sollen die obersten ein Prozent der Einkommen stärker besteuert werden. Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 45 Prozent und des Reichensteuersatzes von 45 auf 47 Prozent. Niedrigere Mehrwertsteuer für Lebensmittel. Reform der Schuldenbremse.
CDU/CSU: Schrittweise Senkung des Einkommensteuertarifs. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll erst bei höheren Einkommen greifen. Komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Finanzierung durch Wirtschaftswachstum, die Schuldenbremse soll bleiben.
Fast alle wollen höheren Grundfreibetrag
Grüne: Höherer Grundfreibetrag, bis zu dem keine Einkommensteuer anfällt. Solidaritätszuschlag als Teil der Einkommensteuer. Menschen mit hohen Vermögen stärker zur Kasse bitten. Zur Finanzierung soll Schuldenbremse nicht bei Investitionen greifen. Einkünfte aus Kapitalerträgen etwa auf Aktien sollen auch der Finanzierung etwa der gesetzlichen Krankenversicherung dienen.
FDP: Der Steuer-Grundfreibetrag soll um mindestens 1.000 Euro erhöht werden. Den Spitzensteuersatz sollen nur noch wirkliche Spitzenverdiener bezahlen - nicht "jemand, der nach einem Tarifvertrag bezahlt wird". Die Unternehmenssteuern sollen von derzeit etwa 30 auf unter 25 Prozent gesenkt, der Solidarzuschlag abgeschafft und an der Schuldenbremse festgehalten werden.
AfD: Grundfreibetrag auf 15.000 Euro anheben, höherer Steuerfreibetrag auf Kapitaleinkünfte (Sparerpauschbetrag), Abschaffung von CO2-Abgabe, Grundsteuer und Erbschaftssteuer, Schuldenbremse einhalten. Finanzierung durch Ausgabensenkungen etwa in der Klima- und Asylpolitik, beim Bürgergeld und den EU-Beiträgen.
Auch eine Vermögenssteuer ist wieder in den Programmen
Linke: Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Bus, Bahn und Hygieneartikel. Nach Berechnungen der Partei kostet dies allein 20 Milliarden Euro. Auf der anderen Seite erwartet die Linke Mehreinnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe durch Steuererhöhungen. Sie will sowohl eine Vermögenssteuer als auch Vermögensabgabe und höhere Einkommensteuern ab 81.000 Euro brutto für Singles. Spitzen-Erbschaftsteuer von 60 Prozent ab drei Millionen Euro, zuzüglich Freibeträgen. Abschaffung der Schuldenbremse.
BSW: Das BSW verspricht Entlastungen für Einkommen bis zu 7.500 Euro brutto. Vorgesehen ist eine Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags, die Nichtbesteuerung von Renten bis 2.000 Euro, eine höhere Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz. Für Sozialabgaben soll es einen Grundfreibetrag geben. Das BSW will eine Vermögenssteuer: ab 25 Millionen Euro mit einem Steuersatz von 1 Prozent, ab 100 Millionen Euro 2 Prozent, ab einer Milliarde Euro 3 Prozent.
- Verwendete Quellen:
- BR24: "Spitzensteuersatz – was bedeutet das?"
- Finanztip: "Ab wann zahlst Du den Spitzensteuersatz?"
- Nachrichtenagentur dpa