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"Schwarzbuch"

Das sind die schlimmsten Fälle von Steuerverschwendung

  • Veröffentlicht: 29.10.2019
  • 17:12 Uhr
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© dpa

Das "Schwarzbuch" des Bunds der Steuerzahler prangert jedes Jahr Beispiele für Steuerverschwendung an. Diesmal sind es 100 Fälle, manche skurril, manche richtig kostspielig.

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Milliardenteure Rüstungseinkäufe, das Millionengrab Maut und eine Solaranlage im Schatten: Der Bund der Steuerzahler hat mit 100 Beispielen die Geldverschwendung deutscher Behörden angeprangert. Bund, Länder und Kommunen seien erneut sorglos mit dem Geld der Bürger umgegangen, sagte Präsident Reiner Holznagel am Dienstag.

"Niemand kann sagen, wie viel Steuergeld insgesamt verschwendet wird" - die Summe sei aber in jedem Fall hoch, sagte Holznagel. Vor allem Großprojekte seien zuletzt oft aus dem Ruder gelaufen. Zugleich räumte der Verband ein: "Viele Projekte sehen wir mit anderen Augen als vielleicht die Verantwortlichen." Einige Beispiele:

DIE GESCHEITERTE PKW-MAUT

Von der Pkw-Maut versprach sich der Bund in den kommenden Jahren Milliarden-Einnahmen, stattdessen wurde sie zum Millionen-Grab. Der Bund der Steuerzahler kritisiert, dass Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut schloss, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte die Maut danach für rechtswidrig. "Jetzt stehen Schadenersatzforderungen der gekündigten Auftragnehmer von mehreren Hundert Millionen Euro im Raum", heißt es im Schwarzbuch. Außerdem seien vor dem Stopp bereits Kosten von mehr als 50 Millionen Euro angefallen.

Der Fall ist jetzt Sache eines Untersuchungsausschusses im Bundestag. Die Opposition wirft Scheuer vor, Haushaltsrecht und Vergaberecht gebrochen zu haben. Scheuer hat die Vorwürfe zurückgewiesen und betont, er habe nur umgesetzt, was der Bundestag beschlossen habe. Aus der Opposition gibt es Rücktrittsforderungen. Holznagel, hält davon nichts. "Herr Scheuer muss jetzt Verantwortung übernehmen und sich in diesem Prozess jetzt auch stellen", betonte er.

DIE GORCH FOCK UND RÜSTUNGSEINKÄUFE DER BUNDESWEHR

Die "Gorch Fock" ist Deutschlands wohl bekannteste Schiffsbaustelle - aber laut Steuerzahlerbund nur eine der Baustellen im Verteidigungsministerium. Der Verband kritisiert, dass das Schiff für bis zu 135 Millionen Euro saniert werden soll - dabei hätte man "für weniger als die Hälfte des Geldes und deutlich früher als jetzt" einen modernen Neubau bekommen können. Außerdem gibt es scharfe Kritik an Kostenexplosionen und Zeitverzögerungen bei Einkauf von Transportfliegern und Fregatten, dem Kampfhubschrauber Tiger und dem Schützenpanzer Puma. Der Steuerzahlerbund spricht von Mehrkosten in Höhe von 13,5 Milliarden Euro.

Das Ministerium wies die Kritik zurück. "Anzunehmen, dass man Waffensysteme "einfach mal so und schnell von der Stange" kaufen kann, ist zu kurz gegriffen und entspricht leider nicht der Realität", erklärte eine Sprecherin. Rüstungsgüter müssten oft maßgeschneidert hergestellt werden, was auch dem Ministerium manchmal zu lange dauere. Doch seien mittlerweile neue Vertragsstandards formuliert worden, damit sei die Industrie stärker in der Pflicht, bestelltes Material pünktlich und in einwandfreiem Zustand zu liefern. Das zeige schon Wirkung bei den Lieferungen 2019.

AEXANDRA UND FREIDRICH - WAHLZETTEL IM REISSWOLF

Vor den Kommunalwahlen 2019 nahmen es Mainz und drei weitere Landkreise in Rheinland-Pfalz mit den Kandidatennamen nicht so genau. Wegen Rechtschreibfehlern wie "Aexandra" und "Freidrich" mussten mehr als eine halbe Million Stimmzettel für rund 80 000 Euro neu gedruckt werden. "Irren ist zwar menschlich", meint der Steuerzahlerbund dazu. Aber für das Steuergeld hätten gleich zwei Lektoren ein Jahr lang beschäftigt werden können.

"Insgesamt eine sehr unschöne Geschichte", sagte ein Mainzer Stadtsprecher. Nach Angaben der Kommune machten Briefwähler auf die Fehler aufmerksam. Ausgangspunkt der Panne war laut Stadt eine fehlerhafte Druckvorlage eines Grafikers. Der Bogen sei nicht genau genug geprüft und freigegeben worden.

EINE BRÜCKE FÜR HASELMÄUSE

In Vilshofen an der Donau durchkreuzt eine neue Umgehungsstraße den Lebensraum vom Haselmäusen. Deswegen wurde für die Tiere eine rund sieben Meter hohe und knapp 20 Meter lange Brücke gebaut. Kosten: rund 93 000 Euro. Die Tierchen sollten an Holzranken hochklettern und über Reisig und Laub sicher die Straße überqueren. Noch ist aber laut Steuerzahlerbund völlig unklar, ob die Mäuse ihre neue Brücke tatsächlich nutzen werden.

Das Staatliche Bauamt Passau verwies auf Umweltgesetze und ein Gerichtsurteil. "Die Auffassung des Steuerzahlerbundes irritiert umso mehr in einer Zeit, in der Themen wie Umweltschutz und Artensterben immer mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen", erklärte die Behörde. Außerdem sei inzwischen nachgewiesen, dass es Nager im Biotop neben der neu gebauten Straße gebe.

EINE SOLARANLAGE IM SCHATTEN

Vor dem Erfurter Umweltministerium steht eine Solaranlage in Form einer großen Blüte - so weit, so nachvollziehbar. Stünde die Blume nicht, wie der Steuerzahlerbund bemängelt, im Schatten. Ihren eigentlichen Zweck, die Stromerzeugung, könne sie damit kaum erfüllen, kritisiert der Verband. Die Anlage mit Herstellungskosten von 12 000 Euro und Aufstellungskosten von 5000 Euro sei offenkundig nur auf das Image des Ministeriums ausgerichtet und nicht auf die Stromerzeugung.

Das Umweltministerium wies darauf hin, dass die Solarblume bereits für die Landesgartenschau 2017 in Apolda angeschafft worden sei. Ihr Standort vor dem Ministerium sei eine Nachnutzung - vor allem wegen der Symbolkraft der Blume, die sich beim Öffnen und Schließen mit ihrem eigenen Strom versorge. Es sei nicht vorgesehen gewesen, die kleine Anlage für die Stromversorgung des Ministeriums zu nutzen.

EIN GESTOHLENES GOLDENES NEST

In einer Berliner Grundschule konnten die Kinder wertvolle Kunst bestaunen - zumindest für einige Zeit. Dann schlugen Golddiebe zu und stahlen das Vogelnest mit 74 massiv gegossenen Zweigen aus purem Gold aus einer Vitrine mit Sicherheitsglas. Die Kosten des Kunstwerks: laut Steuerzahlerbund 92 500 Euro. Geld, das nach Meinung des Verbands besser in die sanierungsbedürftigen Berliner Schulen hätte gesteckt werden sollen.

Die Berliner Landesregierung erklärte, bei öffentlichen Bauten sei vorgeschrieben, dass ein geringer Prozentteil der Bausumme für "Kunst am Bau" ausgegeben werden müsse. Daher hätte das Geld gar nicht in die Sanierung gesteckt werden können.

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