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Europawahl 2019

Deutsche Spitzenkandidaten im Kurzporträt

  • Veröffentlicht: 21.05.2019
  • 17:58 Uhr
  • dpa
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Manfred Weber, Katarina Barley, Jörg Meuthen und Nicola Beer dürften die meisten Wähler bereits kennen. Aber es bewerben sich weitere Politiker für das Europäische Parlament.

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MANFRED WEBER (CSU) - Ehrgeiziger Strippenzieher mit leisen Tönen

Für sein größtes politisches Ziel in Brüssel war Manfred Weber (46) bereit für den größten Verzicht in Bayern: Als Horst Seehofer 2018 seinen Posten als CSU-Chef aufgab, überließ Weber kurzerhand Markus Söder den ersten Zugriff. Ausgerechnet Söder muss man sagen, denn Weber und er waren nie beste Freunde. So groß seine persönlichen Befindlichkeiten auch gewesen sein mögen, sein Ehrgeiz galt alleine einem Ziel: EU-Kommissionspräsident zu werden.

Diese Zielstrebigkeit ist - wie sein Talent als Strippenzieher im Hintergrund - eine von Webers besonderen Fähigkeiten. In der CSU hat der niederbayerische Katholik eine klassische Parteikarriere hinter sich. Von 2003 bis 2007 war er Chef der Jungen Union in Bayern, von 2008 bis 2016 niederbayerischer Bezirkschef - in der CSU-Hierarchie ein wichtiges Amt. 2002 zog er mit 29 Jahren in den bayerischen Landtag ein, bevor er 2004 erstmals ins EU-Parlament gewählt wurde. Seit 2015 ist Weber stellvertretender Parteichef, im EU-Parlament führt er die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP).

KATARINA BARLEY (SPD) - Europäerin durch und durch

"Ich bin Europäerin durch und durch", versichert Katharina Barley auf ihrer Website. Kaum jemand kann das glaubhafter von sich behaupten als die gebürtige Kölnerin: Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater Brite, studiert hat sie in Paris, und ihr Bundestagswahlkreis grenzt an Luxemburg. Augenzwinkernd bezeichnet sich die 50-Jährige schon mal als "Allzweckwaffe der SPD".

Die Juristin, die einige Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht arbeitete, war bereits Generalsekretärin ihrer Partei, wechselte dann ins Amt der Familienministerin und fungiert seit der Neuauflage der großen Koalition als Bundesjustizministerin. Wenn es für die zweifache Mutter nun ins Europaparlament geht, dann zieht sie nicht alleine nach Brüssel. In einem Interview kündigte Barley an, dass ihr Ex-Mann und ihr jüngerer Sohn mitkommen werden: "Wir haben uns damals vorgenommen, als Eltern räumlich in der Nähe zu bleiben, bis die Kinder erwachsen sind."

UDO BULLMANN (SPD) - Der Mann der deutlichen Worte

Der 62-jährige Udo Bullmann ist im SPD-Gespann mit Katarina Barley der Mann fürs Grobe. Bevor der Hesse 1999 ins Europaparlament einzog, dozierte er als Politikwissenschaftler in Gießen. In Straßburg und Brüssel hat er sich in den vergangenen 20 Jahren einen Ruf als Wirtschafts- und Finanzexperte erarbeitet. Seit gut einem Jahr führt Bullmann die sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament als Vorsitzender an.

In Brüssel ist Bullmann deutlich bekannter als in Deutschland. Seine Europabegeisterung ist nach eigenen Angaben in jungen Jahren - mit den 68ern - gewachsen. Als Schüler habe er den "Geist der anti-autoritären Bewegung" inhaliert. Angesichts der zuletzt mageren Umfrageergebnisse für die Sozialdemokraten übte sich Bullmann mehrfach in Durchhalteparolen: "Lasst Euch nicht einreden, das ist alles so trübe mit den Sozialdemokraten in Europa. Wir kommen zurück."

SKA KELLER - Sprachtalent vom linken Grünen-Parteiflügel

Die 37-Jährige führt nicht nur die deutschen Grünen in den Europa-Wahlkampf, sondern ist auch schon zum zweiten Mal Spitzenkandidatin der europäischen Grünen. Die studierte Islamwissenschaftlerin und Turkologin spricht Englisch, Französisch, Spanisch, Katalanisch und Türkisch. Verheiratet ist sie mit einem Finnen. Keller zog 2009 mit erst 27 Jahren erstmals ins EU-Parlament ein. Seit Ende 2016 ist sie Fraktionschefin der Grünen/EFA-Fraktion dort.

Bei den Grünen zählt Keller zum linken Parteiflügel. Sie engagiert sich besonders in der Migrations- und Handelspolitik und sitzt im Innenausschuss des EU-Parlaments. Sie wurde im brandenburgischen Guben an der polnischen Grenze geboren. "Als Ossi weiß ich, dass Demokratie erstritten werden muss. Und dass man sie immer wieder verteidigen muss", schrieb sie in ihrer Bewerbung für die deutsche Wahlliste. Sie wisse, "was es heißt, wenn Grenzen Menschen trennen und wie großartig es ist, wenn Europa sie zusammenbringt".

SVEN GIEGOLD (Grüne) - Attac-Mitbegründer mit "Stofftiertick"

Seine politischen Wurzeln hat der 49-jährige Sven Giegold in der Jugend-Umweltbewegung. Er gründete den deutschen Ableger der globalisierungskritischen Organisation Attac mit. Seit 2009 sitzt Giegold für die Grünen im Europaparlament. Geboren wurde er auf Gran Canaria, aufgewachsen ist er in Hannover. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne. Parteiintern ist er für einen "Stofftiertick" bekannt, wir er es selbst nennt.

Dem Thema Umwelt ist Giegold treu stets geblieben, obwohl er im EU-Parlament vor allem als Wirtschafts- und Finanzexperte arbeitet. Er zieht das Leben auf dem Land dem in der Großstadt eigentlich vor, wie er sagt, und baut gerade einen Hof im niedersächsischen Stedorf ökologisch um. Außerdem fährt er viel Fahrrad, einen Führerschein hat er gar nicht. Giegold will nach eigenen Worten den "Sonntagseuropäern" den Kampf ansagen, die sich proeuropäisch geben, wenn es nicht um die Beiträge der Nationalstaaten geht.

MARTIN SCHIRDEWAN (Die Linke) - Der Mann aus dem Osten

Der 43 Jahre alte Berliner sitzt bereits seit 2017 im Europäischen Parlament. Dort ist er zuständig für Wirtschafts- und Währungsfragen, beschäftigt sich mit Finanzkriminalität und Steuerhinterziehung. Der promovierte Politikwissenschaftler ist auch Mitglied im Parteivorstand der Linken.

Für eine humane Flüchtlingspolitik und "gute Arbeit" sowie gegen Rechts setzt er sich auch außerparlamentarisch ein. Politik liegt Schirdewan quasi im Blut: Sein Großvater Karl Schirdewan war Politiker in der DDR. Zwischenzeitlich galt er als zweiter Mann hinter Walter Ulbricht, stand diesem aber kritisch gegenüber, trat für ein vereinigtes Deutschland ein und wurde aus der SED ausgeschlossen.

ÖZLEM ALEV DEMIREL (Die Linke) - Gewerkschafterin mit Migrationshintergrund

Die 35-jährige Özlem Alev Demirel ist Gewerkschaftssekretärin bei Verdi und war bis 2018 vier Jahre lang Landesvorsitzende der Linken in Nordrhein-Westfalen. Schon als Schülerin organisierte sie Anti-Nazi-Proteste und Bildungsstreiks und gründete Schülerinitiativen gegen Krieg.

Heute engagiert sich die Mutter zweier Kinder vor allem für Arbeits- und Sozialpolitik, kämpft für höhere Mindestlöhne und einen sozial-ökologischen Wandel. Ihr Migrationshintergrund - 1989 flüchtete ihre Familie aus politischen Gründen aus der Türkei - mache sie nicht automatisch zur Migrationspolitikerin, sagt Demirel. Doch er beeinflusse ihre politische Haltung.

JÖRG MEUTHEN (AfD) - Europaskeptiker im EU-Parlament

Seinen Aufstieg an die Spitze der AfD hat Jörg Meuthen (57) dem Aufstand gegen Parteigründer Bernd Lucke zu verdanken. Nachdem Frauke Petry und ihre Verbündeten Lucke im Juli 2015 auf einem hitzigen Parteitag in Essen kaltgestellt hatten, wurde für den Co-Vorsitz ein Vertreter des wirtschaftsliberalen Parteiflügels gesucht. Da griff der Wirtschaftswissenschaftler zu. In den Jahren 2016 bis 2018 rückte Meuthen näher an den rechtsnationalen Parteiflügel um den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke heran, der in dieser Zeit an Einfluss gewann. Meuthen besuchte das jährliche Kyffhäuser-Treffen der "Flügel"-Leute, schimpfte auf das "links-rot-grün verseuchte 68er-Deutschland" und behauptete, er sehe in seiner Heimatstadt "nur noch vereinzelt Deutsche".

An Spekulationen über einen Austritt Deutschlands aus der EU beteiligt er sich nicht. Im Februar zog er eine Grenze ein, als er auf einem Landesparteitag betonte, antisemitische und rassistische Positionen hätten in der AfD nichts verloren. Ärger bereitet ihm eine von der AfD nicht als Spende deklarierte Werbekampagne für seinen Landtagswahlkampf 2016, die von der Bundestagsverwaltung als illegal eingestuft wird. Meuthen hat fünf Kinder und ist in dritter Ehe verheiratet.

NICOLA BEER (FDP) - Schon früh europäisch unterwegs

In ihrer kurzen Berliner Zeit spiegelt sich das Faible von Nicola Beer für Europa auf den ersten Blick nicht wider - in ihrem Lebenslauf schon. Die erst 2017 in den Bundestag gekommene Juristin sitzt hier im Bildungs- und im Kulturausschuss. Von 2009 bis 2012 war die heute 49-Jährige aber in der hessischen Landesregierung Staatssekretärin für Europaangelegenheiten. In dieser Zeit saß sie auch im Europäischen Ausschuss der Regionen, einem beratenden Gremium der EU.

Dass Beer 1989 in Frankfurt ein deutsch-französisches Abitur gemacht hat, kann in Brüssel und Straßburg auch nicht schaden. Ein "politisches Schwergewicht" nannte Parteichef Christian Lindner die Mutter von zwei Kindern nach ihrer Nominierung zur Spitzenkandidatin. Das muss Beer - bis zum 26. April Generalsekretärin ihrer Partei - noch unter Beweis stellen: Bei der Europawahl 2014 holte die FDP maue 3,4 Prozent und 3 Sitze. An griffigen Parolen ("Europa ist zu wichtig, um es den Populisten zu überlassen.") fehlt es Beer nicht. 

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