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"Abgrenzung hat nicht geholfen"

Kubicki und Wagenknecht fordern Zugehen auf AfD-Wähler

  • Veröffentlicht: 03.09.2019
  • 08:43 Uhr
  • dpa
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© (c) zb

Schon wieder hat die AfD bei Wahlen kräftig zugelegt - und nun? Union und SPD setzen auf lösungsorientiertes Regierungshandeln. Es melden sich aber auch Stimmen, die die bisherige Ausgrenzung von AfD-Wählern für falsch halten.

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Nach den AfD-Wahlerfolgen in Brandenburg und Sachsen mehren sich in anderen Parteien Stimmen, die die bisherige scharfe Frontstellung gegen deren Wähler und Sympathisanten für verfehlt halten. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki sagte, es werde "nicht ausreichen, die AfD nur auszugrenzen und zu denunzieren". Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht beklagte eine Entfremdung ihrer Partei von diesem Wählermilieu und gab ihr deshalb eine Mitschuld am Aufschwung der AfD.

CDU und SPD hatten bei den Landtagswahlen am Sonntag kräftig an Stimmen verloren, können aber in neuen Konstellationen voraussichtlich jeweils wieder den Ministerpräsidenten stellen: die SPD in Brandenburg und die CDU in Sachsen. Die AfD hatte sich zugleich in beiden Ländern mit Abstand vor allen sonstigen Parteien als zweitstärkste Kraft etabliert. Seitdem wird heftig diskutiert, wie den Rechtspopulisten beizukommen ist.

Kubicki sagte der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag): "Unsere Politik der radikalen Abgrenzung hat nicht geholfen - im Gegenteil. Sie hat eher geschadet." Die FDP hatte es bei beiden Wahlen nicht in den Landtag geschafft. Der Bundestagsvizepräsident forderte: "Wir müssen offener und kommunikativer mit der AfD und ihren Wählerinnen und Wählern umgehen, nicht alles immer automatisch als rechtsradikal brandmarken, was einem nicht gefällt." Es brauche mehr Argumentation und eine konstruktive Auseinandersetzung. Die Menschen wollten bezahlbaren Wohnraum, öffentlichen Nahverkehr, eine Perspektive für sich und ihre Region.

Wagenknecht: Linke mitverantwortlich für AfD-Erfolg

Wagenknecht sagte mit Blick auf ihre Partei, die Linke, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag): "Die wachsende Distanz zu dieser Lebenswelt zeigt sich auch in unserem Umgang mit AfD-Wählern, die gern pauschal als Rassisten beschimpft werden, obwohl viele von ihnen früher links gewählt haben." Die Linke, früher Protestpartei unzufriedener Ostdeutscher, hatte in beiden Wahlländern kräftig an Stimmen verloren.

"Indem wir uns von unseren früheren Wählern entfremdet haben, haben wir es der AfD leicht gemacht. Insofern sind wir für ihren Erfolg mitverantwortlich", fügte Wagenknecht hinzu. Beim Klimaschutz etwa mahnte sie mehr Augenmaß ihrer Partei an: "Wenn Teile der Linken die CO2-Steuer befürworten, die Pendler und die Mittelschicht außerhalb der Großstädte hart treffen würde, müssen wir uns nicht wundern, dass sich viele abwenden." Wagenknecht, die nur noch bis zur Neubesetzung ihrer Funktion amtiert, liegt unter anderem wegen ähnlicher früherer Äußerungen seit längerem mit Teilen ihrer Partei über Kreuz.

"Müssen Vertrauen zurückgewinnen"

Angesichts von Diskussionen über Fehler der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer im Wahlkampf warnte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) davor, einzelnen Personen die Verluste anzulasten. Dies wäre "politisch fast verantwortungslos", sagte er am Montagabend in der ARD. Den Aufschwung der AfD gebe es seit Jahren. "Also kann man nicht an einer Person, die erst seit wenigen Monaten auch Vorsitzende ist, festmachen wollen, was eine gesamte Gesellschaft, einschließlich der medialen Multiplikatoren und auch der Wirtschaftsmultiplikatoren herbeigeführt haben."

Für das starke Abschneiden der AfD machte der CDU-Spitzenkandidat bei der Ende Oktober anstehenden Wahl in Thüringen, Mike Mohring, auch die große Koalition verantwortlich. "In der großen Koalition gehen gute Sachentscheidungen unter, weil sie den Eindruck erweckt, es gehe es immer nur um Personal und Posten", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Das lehnen die Leute im Osten noch stärker ab als im Rest der Bundesrepublik und wählen dann Rote Karte."

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sieht ein Mittel zur Rückgewinnung von AfD-Wählern in einer lösungsorientierten Politik und einer neuen Art des Umgangs. "Die Aufgabe für Politik, für uns als SPD, auch für andere Parteien, die ist klar benannt: Wir müssen Vertrauen zurückgewinnen", sagte er im ZDF. "Das wird funktionieren, indem wir eine andere politische Kultur pflegen, im direkten Kontakt mit den Menschen sind, indem wir das thematisieren, was die Menschen im Lebensalltag umtreibt, auch zu Lösungen kommen."

Eine Zusammenarbeit mit der AfD hatten Union und SPD am Montag weiter ausgeschlossen. In den Parteien der großen Koalition wurde aber der Ruf lauter, zu klaren Ergebnissen bei zentralen Streitthemen wie Klimaschutz und Grundrente zu kommen, um Wähler zurückzugewinnen. Am Abend berieten die Koalitionsspitzen etwa fünf Stunden lang über Maßnahmen zum Klimaschutz. Ergebnisse wurden nicht mitgeteilt.

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