Bundesregierung:
Mehr als 20 Länder als Hochrisikogebiete eingestuft
- Veröffentlicht: 22.01.2021
- 19:03 Uhr
- dpa
Bleibt zuhause: Das Motto gilt wegen der Pandemielage in ganz Europa. Die EU-Staaten wollen das Reisen noch unattraktiver machen. Deutschland schreitet dabei voran und verschärft die Regeln für zwei Dutzend Staaten, darunter ein Nachbarland und beliebte Urlaubsziele.
Wegen besonders hoher Corona-Infektionszahlen hat die Bundesregierung erstmals mehr als 20 Länder als Hochrisikogebiete mit verschärften Einreiseregeln eingestuft. Wie das Robert Koch-Institut am Freitag auf seiner Internetseite mitteilte, gehören dazu das Nachbarland Tschechien, die Urlaubsländer Spanien, Portugal und Ägypten sowie die USA und Israel. Für Einreisende aus diesen Ländern mit deutlich höheren Infektionszahlen als in Deutschland gilt ab Sonntag eine strengere Testpflicht und auch die Ausnahmeregeln für die Quarantäne können von den Bundesländern verschärft werden.
Am Donnerstag hatten sich bereits die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union darauf verständigt, wegen der Gefahr durch neue Varianten des Coronavirus vermeidbare Reisen weitestgehend auszubremsen, die Grenzen für Waren und Pendler aber offen zu halten. Es ging dabei unter anderem um Test- und Quarantänepflichten für Menschen aus «dunkelroten Zonen» mit sehr hohen Corona-Fallzahlen. Diese Kategorie soll auf EU-Ebene neu eingeführt werden. In Deutschland gibt es dazu bereits seit dem 14. Januar eine neue Einreiseverordnung, auf deren Grundlage jetzt die Hochrisikogebiete benannt wurden.
3 Kategorien von Corona-Risikogebieten
Damit gibt es jetzt drei Kategorien von Corona-Risikogebieten:
- "Normale" Risikogebiete: Das sind Länder oder Regionen über einem Grenzwert (auch Inzidenzwert genannt) von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Das gilt derzeit für fast ganz Europa mit Ausnahme einzelner Gebiete in Griechenland, Finnland, Norwegen, Österreich und Dänemark. Weltweit sind weit mehr als 100 Länder Risikogebiete.
- "Hochinzidenzgebiete": Das sind Länder mit deutlich höheren Infektionszahlen als in Deutschland. Der Grenzwert ist eine Inzidenz von 200 (Inzidenz in Deutschland: 115). Es können aber auch Länder unter dieser Marke unter bestimmten Bedingungen zu «Hochinzidenzgebieten» erklärt werden. Ab Sonntag fallen neben den bereits genannten Staaten folgende Länder in die diese Kategorie: Albanien, Andorra, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Iran, Israel und die Palästinensischen Gebiete, Kolumbien, Kosovo, Lettland, Libanon, Litauen, Mexiko, Montenegro, Nordmazedonien, Panama, Portugal, Serbien, Slowenien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
- Virusvarianten-Gebiete: Das sind Gebiete, in denen hochansteckende Varianten des Coronavirus aufgetreten sind. Bisher fallen Großbritannien, Irland, Südafrika und Brasilien in diese Kategorie.
Reisende aus "normalen" Risikogebieten müssen sich spätestens 48 Stunden nach Einreise in Deutschland auf Corona testen lassen. Zudem müssen sie zehn Tage in Quarantäne, können sich davon allerdings durch einen zweiten negativen Test ab Tag fünf vorzeitig befreien lassen. Der Unterschied bei den Hochinzidenz- und Virusvarianten-Gebieten: Der Test muss bereits höchstens 48 Stunden vor Einreise erfolgen. Außerdem können die Ausnahmeregeln für die Quarantäne eingeschränkt werden. Das ist aber Sache der einzelnen Bundesländer.
Mit den neuen Regeln werden Reisen ins Ausland noch unattraktiver, als sie ohnehin schon sind. Das ist aber politisch auch so gewollt. Ein Beispiel: Wer aus privaten Gründen für eine Woche von Berlin nach Prag reisen will muss Folgendes auf sich nehmen:
- Corona-Test (PCR) vor Einreise nach Tschechien oder spätestens fünf Tage danach, dann aber Quarantäne bis zum Test.
- Corona-Test (PCR) 48 Stunden oder weniger vor Rückkehr nach Deutschland.
- Zehn Tage Quarantäne in Deutschland, von der man sich nach fünf Tagen mit einem dritten Test befreien kann.
Unter dem Strich bedeutet das also 5 bis 15 Tage Quarantäne und zwei bis drei Tests, die man in Deutschland kaum für weniger als 50 Euro bekommt, für eine einwöchige Reise.
Nach dem EU-Gipfel in Brüssel verwies EU-Ratspräsident Charles Michel auf den Ernst der Lage wegen der neuen, ansteckenderen Virusvarianten, die zuerst in Großbritannien und Südafrika entdeckt worden waren. Man kämpfe an zwei Fronten: Beschleunigung der Impfungen in Europa und Eindämmung des Virus.
So wurde verabredet, viel häufiger gezielt nach den Virusmutationen zu suchen. Die Grenzen in der EU sollten offen bleiben, um den Transport wichtiger Güter und den EU-Binnenmarkt zu sichern, sagte Michel. "Es sollte keine undifferenzierten Reisesperren geben." Doch seien womöglich weitere Reisebeschränkungen nötig.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen will dazu eine Erweiterung der bestehenden Corona-Ampel-Karte vorschlagen. Demnach soll für Regionen, in denen sich das Coronavirus sehr stark verbreitet, eine neue "dunkelrote" Kategorie eingeführt werden. Auf der bestehenden Karte werden Regionen auf Grundlage gemeinsamer Kriterien je nach Infektionsgeschehen derzeit grün, orange oder rot markiert.
Von Personen, die künftig aus den dunkelroten Zonen innerhalb der EU verreisen wollen, könnten vor der Abreise ein Test sowie nach der Ankunft eine Quarantäne verlangt werden, sagte von der Leyen. Von nicht notwendigen Reisen solle dringend abgeraten werden.
Auch Geimpfte können absehbar nicht mit Erleichterungen beim Reisen rechnen. Zwar wollen die 27 Staaten an einem gemeinsamen Impfpass arbeiten. Die Debatte über mögliche damit verbundene Vorteile wurde jedoch vertagt.
Letztlich liegen die Bestimmungen und Vorgaben für Reisende immer in der Hand der EU-Staaten. Der Zweck der jetzt geplanten gemeinsamen Standards ist vor allem, unterschiedliche Handhabe in Grenzgebieten zu vermeiden: bei ähnlicher Infektionslage sollen vergleichbare Maßnahmen getroffen werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor dem Gipfel Grenzkontrollen nicht völlig ausgeschlossen und gesagt: "Wenn ein Land mit einer vielleicht doppelt so hohen Inzidenz wie Deutschland alle Geschäfte aufmacht, während sie bei uns noch geschlossen sind, dann hat man natürlich ein Problem."