CDU-Plan zu Reduzierung der Flüchtlingszahlen
Mehrere EU-Staaten wollen Grenzkontrollen verlängern
- Veröffentlicht: 24.01.2016
- 21:04 Uhr
- dpa
Allen Abmachungen mit der Türkei zum Trotz: Nach wie vor wagen jeden Tag Flüchtlinge die gefährliche Ägäis-Überfahrt. Der Druck wächst, die Grenzkontrollen auch innerhalb der EU auszuweiten. In Deutschland wird ein neuer CDU-Vorschlag diskutiert.
Der Zustrom von Flüchtlingen nach Europa verstärkt den Druck, Binnen- wie Außengrenzen der EU besser zu schützen und die Kontrollen auszuweiten. Mehrere EU-Staaten wollen womöglich wie Deutschland die Grenzkontrollen im Schengen-Raum deutlich verlängern. Länder wie Österreich, Belgien, Schweden und Dänemark seien für eine Ausweitung der vorübergehenden Personenkontrollen über die derzeit vorgesehenen Fristen hinaus, berichtete die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf EU-Diplomaten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat bereits angekündigt, dass er die Kontrollen sogar auf unbestimmte Zeit verlängern will.
Unterdessen werden in der CDU Pläne für nationale Schritte zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen angesichts wachsenden innenpolitischen Drucks auf Kanzlerin Angela Merkel konkreter. Ein Vorstoß von CDU-Vize Julia Klöckner für tagesaktuelle Kontingente und die Einrichtung von Grenzzentren zur Verteilung und Zurückweisung von Flüchtlingen bekam am Wochenende breite Rückendeckung in der Union. Mit Generalsekretär Peter Tauber äußerte sich ein wichtiger Vertrauter Merkels positiv, nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist der Vorschlag eng mit der Kanzlerin abgestimmt. Positive Reaktionen kamen auch aus der CSU und von unionsinternen Kritikern Merkels. SPD und Grüne lehnen die Ideen ab.
EU-Innen- und Justizminister beraten Situation
An diesem Montag befassen sich die Innenminister der EU in Amsterdam nicht nur mit der Frage der Grenzkontrollen mim Schengen-Raum. Sie wollen auch über den Vorschlag der EU-Kommission beraten, den Schutz der Außengrenzen stärker auf die EU-Grenzschutzagentur Frontex zu übertragen. Die Kommission hatte bereits im Dezember klargemacht, dass sie Mitgliedstaaten notfalls Grenzschützer aus anderen Ländern aufzwingen will. Frontex soll damit zu einer echten Küsten- und Grenzschutzbehörde ausgebaut werden.
Die EU hatte der Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingskrise drei Milliarden Euro zugesagt und verlangt im Gegenzug, dass das Land syrische Bürgerkriegsflüchtlinge stärker am Zug in die EU hindert. Griechenlands Regierung wiederum wird vorgeworfen, die EU-Außengrenze zur Türkei nicht ausreichend zu schützen. Nach wie vor kommen Tausende Flüchtlinge aus der Türkei über die Ägäis nach Griechenland. Die meisten reisen über die Balkanroute weiter Richtung Österreich und Deutschland.
Schengen-Ausnahmen auf halbes Jahr beschränkt
Aus Ärger über Griechenland wollen mehrere EU-Staaten nun ihre Grenzen bis zu zwei Jahre lang kontrollieren: Anfang Dezember hatten sich die EU-Innenminister in Brüssel darauf verständigt, dass es möglich sein müsse, "bei erheblichen Mängeln beim Schutz der Außengrenzen (...) auch über die sechs Monate hinaus an bestimmten Abschnitten die Grenzen zu kontrollieren". Für solche längerfristigen Kontrollen ist jedoch eine Empfehlung der EU-Kommission nötig.
Das Schengener Abkommen garantiert seit 1985 Reisefreiheit zwischen den Mitgliedstaaten in Europa. Nationale Grenzkontrollen sind zwischen den 26 Schengen-Staaten nur bei besonderen Anlässen erlaubt - in der Regel allerdings höchstens für ein halbes Jahr.
Deutschland weist täglich 200 Migranten ab
Die Bundesregierung rechnet nicht mit einem raschen Rückgang der Flüchtlingszahlen. "Eine nachhaltige und deutliche Entspannung des Zustroms in das Bundesgebiet ist derzeit nicht absehbar", sagte eine Sprecherin des Innenministeriums der dpa in Berlin. Deutschland weist nach Angaben von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zurzeit täglich 100 bis 200 Menschen an der Grenze ab. Allein in den ersten beiden Januarwochen waren es etwa 2.000. Wer kein Asyl in Deutschland beantragen und unerlaubt in die Bundesrepublik einreisen wolle, "der hat auch kein Recht hier zu sein", sagte er der "Bild am Sonntag".
Klöckners "Plan A2" sorgt für hitzige Debatten
Nach den Vorstellungen Klöckners, die bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 13. März als CDU-Spitzenkandidatin antritt, soll die Aufnahme von Flüchtlingen nur noch über Zentren an den deutschen Grenzen oder Hotspots und Registrierungszentren außerhalb Deutschlands möglich sein. Jene könnten gemeinsam mit Partnerländern wie Österreich, Italien, Griechenland und der Türkei betrieben werden. Klöckner schlägt auch von Deutschland errichtete Registrierungszentren im Grenzgebiet der Türkei zu Syrien und dem Irak vor.
In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden zweiseitigen Papier Klöckners mit dem Titel "Plan A2" heißt es, Merkels "Plan A" einer europäischen Lösung der Flüchtlingskrise sei nach wie vor richtig. "Gleichzeitig müssen wir jetzt innenpolitisch und in den bilateralen Beziehungen zu Nachbar- und Transitländern einen Schritt weiter gehen." Zuerst hatten die "Rhein-Zeitung" und die Funke Mediengruppe über den Plan berichtet.