Chinas Ministerpräsident Li Keqiang will EU nicht spalten
Peking weist Vorwürfe zurück
- Veröffentlicht: 08.04.2019
- 09:53 Uhr
- dpa
Anders als die USA wollen die Europäer mit China kooperieren. Das kommt auch Peking zupass. Ministerpräsident Li Keqiang wirbt um Vertrauen - und bietet Gespräche über Themen an, die vielen Europäern gefallen dürften.
Kurz vor dem EU-China-Gipfeltreffen in Brüssel hat der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang Vorwürfe zurückgewiesen, Peking wolle die Europäische Union spalten. "Wir unterstützen nachdrücklich den europäischen Integrationsprozess in der Hoffnung auf ein vereintes und prosperierendes Europa", schreibt Li Keqiang in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". Pekings intensive Zusammenarbeit mit osteuropäischen Ländern sei "vorteilhaft für eine ausgewogene Entwicklung innerhalb der EU, dient auch zur Geschlossenheit der EU und stellt eine nützliche Ergänzung der Beziehungen zwischen China und Europa dar". Die gemeinsamen Interessen zwischen China und Europa wögen viel schwerer als die Differenzen, schreibt Li.
China war vorgeworfen worden, durch die besondere Kooperation mit osteuropäischen Staaten die EU auseinanderzutreiben. Im vergangenen Jahr hatte ein alljährlich stattfindendes Treffen Li Keqiangs mit Regierungschefs aus 16 Ländern in Mittel- und Osteuropa Brüssel alarmiert. Erörtert wurde die Zusammenarbeit in wichtigen Bereichen - wie etwa Infrastruktur, Energiewirtschaft, Technologien und Tourismus. EU-Diplomaten beklagten, "Teile und herrsche" sei die chinesische Strategie, um die europäische Einheit zu untergraben.
Das EU-China-Gipfeltreffen in Brüssel findet am Dienstag statt. Li Keqiang versicherte in dem "Handelsblatt"-Gastbeitrag, China sei bereit, mit Europa die Zusammenarbeit auf den verschiedensten Gebieten, "etwa in der Wahrung des Pariser Klimaabkommens, in der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, im Festhalten am Atomabkommen mit dem Iran sowie in der Bekämpfung des Terrorismus weiter auszubauen". Zudem solle der Austausch über Fragen wie die Reform der Welthandelsorganisation (WTO) verstärkt werden.
China ist größter Profiteur vom Brexit
Zuletzt hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron deutlich gemacht, trotz Bedenken auf eine engere Zusammenarbeit mit China zu setzen. Die Europäer unterscheiden sich mit ihrem Kooperationskurs deutlich von US-Präsident Donald Trump, dessen Land mit China in einem Handelskrieg steckt.
Ende März hatte sich zudem Italien trotz Bedenken wichtiger EU-Partner als erstes der großen G7-Industrieländer der "Neuen Seidenstraße" angeschlossen. Peking will mit der umstrittenen Infrastruktur-Initiative neue Handelswege nach Afrika, Europa oder Lateinamerika erschließen. Der chinesische Präsident Xi Jinping hatte gesagt, das übergeordnete Ziel sei eine "harmonische Koexistenz der gesamten Menschheit". Und er hatte ebenfalls betont, China liege viel an einem starken Europa. "Ein geeintes, blühendes Europa entspricht unserer Vision einer multipolaren Welt."
EU-Kommissar Günther Oettinger erklärte derweil, China sei der größte Profiteur im anhaltenden Ringen um den Brexit. "Europa ist gelähmt", sagte der CDU-Politiker der "Welt" (Montag). Seit mehr als zwei Jahren beschäftige sich die EU mit dem Brexit. "Das kostet Zeit und Mühe, Nerven und Geld. Dabei gibt es so viel zu tun, was wichtiger wäre. Damit machen wir andere stark. Größter Gewinner ist dabei China." In der Volksrepublik bringe die Regierung ihre Strategie unbeirrt voran und stoße überall auf der Welt in die Lücken, die Europa nicht füllen könne, weil es so sehr mit sich selbst beschäftigt sei. Als Beispiele nannte Oettinger die Künstliche Intelligenz (KI) und den Mobilfunk-Netzstandard 5G.