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Istanbul

Prozess gegen Deutschen in Türkei

  • Veröffentlicht: 14.02.2019
  • 17:08 Uhr
  • dpa
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© (c) AP

Ein weiterer Deutscher kommt aus türkischer U-Haft frei: Nach rund zehn Monaten darf der Kölner Sozialarbeiter Adil Demirci das Gefängnis in Istanbul verlassen. Nach Deutschland kann er trotz der schweren Krankheit seiner Mutter nicht reisen.

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Der wegen Terrorvorwürfen in der Türkei angeklagte Kölner Adil Demirci kommt nach rund zehn Monaten in Untersuchungshaft frei. Der Richter entschied am Donnerstag auf Empfehlung des Staatsanwalts, Demirci unter Auflagen aus dem Gefängnis zu entlassen. Nach Deutschland darf er deshalb nicht ausreisen. Auch die Provinz Istanbul darf er nicht verlassen. Demircis Anwälte hatten vergebens darauf aufmerksam gemacht, dass Demircis Mutter in Deutschland schwer krebskrank ist. Der Prozess soll am 30. April weitergehen.

Noch am Donnerstagabend werde Demirci das Gefängnis im Stadtteil Silivri verlassen dürfen, sagte sein Anwalt Keles Öztürk der Deutschen Presse-Agentur. Aus Deutschland angereiste Prozessbeobachter reagierten mit Erleichterung. Im Saal hatten neben Generalkonsul Michael Reiffenstuel unter anderem der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich, der Kölner Linkspartei-Politiker Jörg Detjen sowie der Schriftsteller und Journalist Günter Wallraff gesessen.

Ein "halber Sieg"

Wallraff sagte, es sei gut, dass Demirci nun erstmal auf freiem Fuß sei. Aber das sei ja noch kein Urteil und keine Entwarnung, sondern das Gericht gewinne erstmal Zeit bis zu einer endgültigen Entscheidung. Jörg Detjen nannte das Ergebnis "einen halben Sieg". Sabine Skubsch, die ebenfalls angereiste Betriebsratsvorsitzende des Internationalen Bundes, für den Demirci bis zu seiner Verhaftung jugendliche Migranten beraten hatte, sagte, dort hätten 14 000 Kollegen mitgefiebert. "Ich bin betrübt, dass er nicht ausreisen kann. Das bedeutet natürlich Familientrennung. Das ist sehr traurig, wenn man weiß, wie schlecht es der Mutter geht."

Mit Demircis Freilassung aus der U-Haft schrumpft die Zahl der öffentlich bekannten Fälle von Deutschen, die wegen Terrorvorwürfen oder aus "politischen Gründen" in der Türkei inhaftiert sind, auf drei zusammen. Noch Mitte 2018 waren es sieben. Zuletzt durfte Anfang Januar der Hamburger Dennis E. nach Deutschland ausreisen.

Weitere Inhaftierte

Wegen Terrorvorwürfen sind nun noch Patrick K. aus Gießen und eine Kölner Sängerin mit dem Künstlernamen Hozan Cane in Haft. Die beiden waren Ende 2018 zu Gefängnisstrafen von mehr als sechs Jahren verurteilt worden. Außerdem sitzt wegen ähnlicher Vorwürfe weiter der Autor, Jurist und ehemalige Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes MIT, Enver Altayli (74), in U-Haft. In seinem Fall gibt es auch nach rund eineinhalb Jahren noch keine Anklageschrift.

Das Auswärtige Amt hat allerdings die bisher gültige Zählweise von aus "politischen Gründen" inhaftierten Deutschen jüngst aufgehoben. Am Mittwoch hieß es dazu aus dem AA, dass insgesamt derzeit 47 deutsche Staatsangehörige in der Türkei inhaftiert seien. Nicht in allen Fällen sei "eine abschließende Beurteilung der Verfahren möglich, weshalb eine binäre Einordnung in "politischer Fall" und "nicht-politischer Fall" nicht immer eindeutig möglich" sei. Das betreffe insbesondere auch Verhaftungen wegen Äußerungen in den sozialen Medien - die hatten sich jüngst gehäuft.

Es hieß in der E-Mail weiter: "Unabhängig vom Grund der Inhaftierung bestehen in einigen Fällen erhebliche rechtsstaatliche oder humanitäre Bedenken."

Keine Normalisierung?

Demirci, der laut Gerichtsakten sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit hat, war im April während des Urlaubs in Istanbul festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei vor. Die MLKP gilt in der Türkei als Terrororganisation. Demirci, der auch für die linke Nachrichtenagentur Etha geschrieben hat, wies die Vorwürfe zurück.

2017 hatte eine ganze Serie von Festnahmen deutscher Bürger zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara geführt. Ab Ende 2017 kamen dann mehrere prominente U-Häftlinge - darunter der "Welt"-Reporter Deniz Yücel, der Menschenrechtler Peter Steudtner und die Journalistin Mesale Tolu - frei und durften ausreisen. Damit entspannte sich das Verhältnis leicht. Deutsche Regierungsvertreter haben mehrfach gesagt, dass es keine vollständige Normalisierung der Beziehungen geben könne, solange noch Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert seien.

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