Neue Parteispitze
SPD ringt um Kurs für einen Verbleib in der Koalition
- Veröffentlicht: 03.12.2019
- 17:38 Uhr
- dpa
Wie hoch pokert die SPD in der Koalition? Mit ihren neuen Vorsitzenden will sie bei der Union einiges durchsetzen. Doch die Latte soll auch nicht so hoch gelegt werden, dass der Bruch der Regierung unausweichlich ist.
Die SPD will zu hohe Hürden für eine Fortsetzung der Koalition vermeiden. So sollten in einem entsprechenden Antrag für den Parteitag keine Forderungen wie eine Aufgabe der "Schwarzen Null" aufgenommen werden, sagten Teilnehmer einer erweiterten Präsidiumssitzung am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Aufgabe eines ausgeglichenen Haushalts gilt als für die Union unannehmbar. Juso-Chef Kevin Kühnert kündigte unterdessen seine Kandidatur für einen der Vizeposten in der Partei an.
Die mit Spannung erwartete Präsidiumssitzung endete am Nachmittag noch ohne fertigen Text. In dem Antrag zum künftigen SPD-Kurs in der Koalition für den am Freitag beginnenden Parteitag sollten aber "keine Sprengsätze" enthalten sein, hieß es. "Nirgendwo soll drinstehen, dass wir unter bestimmten Bedingungen aus der Koalition aussteigen müssen", sagte ein anderer Teilnehmer der Sitzung.
In einem Textentwurf heißt es nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung": "Weder der Verbleib in einer Koalition noch der Austritt aus ihr sind ein Selbstzweck." Entscheidend sei, "ob wir jetzt mit CDU und CSU die Weichen richtig stellen können - oder eben nicht".
Bleibt die SPD in der Groko?
Nachdem Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken den Mitgliederentscheid um den SPD-Vorsitz am Wochenende mit 53,06 Prozent der Stimmen gewonnen hatten, war spekuliert worden, dass die GroKo-Kritiker die SPD rasch aus dem Regierungsbündnis herausführen könnten.
Gleichzeitig steht die Partei vor einem deutlichen Linksschwenk. Erwartet wurde, dass die designierten Vorsitzenden auf dem Parteitag große Unterstützung erhalten werden. Der ebenfalls durch linke Positionen aufgefallene Kühnert verband die Ankündigung seiner Kandidatur zudem mit der Ansage, das linke Profil der SPD schärfen zu wollen, wie der 30-Jährige der "Rheinischen Post" (Mittwoch) sagte.
Kühnert gilt in der Partei als "Vater des Siegs" von Esken und Walter-Borjans, weil er beide bereits früh unterstützt hatte. Nun sagte er: "Ich bin dafür, dass der Kurs der neuen Parteivorsitzenden vollen Rückhalt findet." Die Entscheidung, ob er das Vorsitzamt bei den Jusos aufgeben wird, will Kühnert der SPD-Nachwuchsorganisation überlassen.
Die Parteilinke verständigte sich nach einem Bericht des "Tagesspiegel" (Mittwoch) bereits darauf, dass Kühnert Vize-Chef werden, der bisherige SPD-Vize Ralf Stegner weiter dem
Präsidium angehören und Lars Klingbeil Generalsekretär bleiben soll.
SPD um internen Ausgleich bemüht
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer stellte Bedingungen für den Start des parlamentarischen Verfahrens zur im Grundsatz beschlossenen Grundrente: Dieses solle erst beginnen, wenn die SPD sich zum Fortbestand der Koalition bekannt habe, sagte Kramp-Karrenbauer im "Frühstart" von RTL/n-tv. Vor ihrer Verständigung hatten Union und SPD monatelang über den Aufschlag auf Minirenten verhandelt. Es ist ein Kernvorhaben der SPD. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig nannte Kramp-Karrenbauers Äußerung "unanständig": "Wir haben die Grundrente nicht für die GroKo verhandelt, sondern für diejenigen, die die Grundrente dringend brauchen", sagte sie dem "Spiegel".
Bei der SPD schien man insgesamt um einen gemäßigten Ton und internen Ausgleich bemüht. Stegner sagte der dpa, er sei zuversichtlich, dass sich die Sozialdemokraten auf einen vernünftigen Antrag einigen und auf dem Bundesparteitag eine "gute inhaltliche Grundlage für Gespräche mit der Union" gelegt werde. Der nordrhein-westfälische SPD-Chef Sebastian Hartmann sagte, in den kommenden Tagen werde noch "richtig gearbeitet". Von staatlichen Investitionen bis zum Klimaschutz sei im erweiterten Präsidium über "alles, was relevant ist für unser Land" geredet worden.
Wie Sitzungsteilnehmer der dpa sagten, solle auch Vizekanzler Olaf Scholz an der weiteren Erarbeitung des Antrags zur GroKo für den Parteitag mitwirken. Er hatte den Mitgliederentscheid mit seiner Teampartnerin Klara Geywitz verloren, die nun ebenfalls für einen Vizeposten in der Partei vorgesehen ist.