CDU-Spitze diskutiert über Schwarz-Gelb
SPD sucht nach NRW-Desaster Weg aus der Krise
- Veröffentlicht: 15.05.2017
- 14:44 Uhr
- dpa
In der SPD werden die Forderungen an Kanzlerkandidat Schulz lauter, nach der dritten Landtagswahl-Pleite auf Angriff umzuschalten. Und die CDU diskutiert die Signalwirkung einer Koalition mit der FDP.
Nach dem Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen will SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz inhaltliche Akzente setzen und seine Partei so bis zur Bundestagswahl aus der Krise bringen. Er werde nun ganz konkrete Vorschläge für die Zukunftsgestaltung in Deutschland machen, kündigte Schulz am Montag in Berlin an. Wichtig seien vor allem Investitionen in Bildung und innovative Technologien. Parteilinke und Jusos hatten zuvor von Schulz gefordert, er müsse konkreter und zugespitzter formulieren und angreifen. In der CDU diskutieren Spitzenpolitiker nach dem Erfolg in NRW mögliche Regierungsbündnisse im größten Bundesland und deren Signalwirkung.
CDU-Wahlsieger Armin Laschet sieht für ein Bündnis mit der FDP Probleme in Fragen der inneren Sicherheit. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sagte der Deutschen Presse-Agentur, Schwarz-Gelb in NRW wäre auch ein "starkes Signal für den Bund". FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich offen für Gespräche mit der CDU, betonte aber die Eigenständigkeit seiner Partei. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warnte in der "Welt": "Ich kann meiner Partei nur raten, mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu bleiben und jede Form von Arroganz und Überheblichkeit zu unterlassen." Der Wahlsieg in NRW sei "keine Vorentscheidung für die Bundestagswahl".
Große Koalition oder Schwarz-Gelb im Düsseldorfer Landtag?
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis ist neben einer großen Koalition auch Schwarz-Gelb denkbar - mit knapper Mehrheit. Die CDU kommt auf 33, die SPD auf 31,2 Prozent. Dahinter folgt die FDP mit 12,6 Prozent. Mit 7,4 Prozent zieht erstmals die AfD in den Landtag in Düsseldorf ein. Die bislang an der Regierung beteiligten Grünen stürzen auf 6,4 Prozent ab. Die Linkspartei scheitert mit 4,9 Prozent. Die NRW-Piraten fliegen mit 1,0 Prozent aus dem Landtag.
Demnach ergibt sich folgende Sitzverteilung mit Überhang- und Ausgleichsmandaten: CDU 72, SPD 69, FDP 28, Grüne 14 und AfD 16. Die absolute Mehrheit liegt demnach bei 100 Sitzen. Die Wahlbeteiligung stieg auf 65,2 Prozent (2012: 59,6 Prozent).
Schulz räumte ein: "Bis zur Bundestagswahl am 24. September haben wir eine lange Wegstrecke. Die ist steinig, und die wird hart werden. Aber die SPD ist eine kampferprobte Partei." Rückschläge wegzustecken sei nicht immer ganz einfach. "Manchmal kriegt ein Boxer einen Leberhaken, aber das heißt noch nicht, dass die nächste Runde schon an den Gegner geht. In der nächsten Runde ist jemand wie ich kampferprobt."
Lindner: Regierungsbeteiligung "nicht um jeden Preis"
CDU-Bundesvize Laschet sagte vor einer Präsidiumssitzung mit Parteichefin Angela Merkel in Berlin, programmatisch gebe es mit der FDP viel Übereinstimmung in der Wirtschafts- und der Bildungspolitik sowie für Bürokratieabbau. "Aber in der inneren Sicherheit wird das mit der FDP sehr schwierig." Die FDP sei gegen die verdachtsunabhängige Personenkontrollen bei der Schleierfahndung, gegen Vorratsdatenspeicherung und bei der Videoüberwachung sehr skeptisch. Mehr Sicherheit sei aber ein Kernthema der CDU im Wahlkampf gewesen. Deswegen werde er "mit allen Gesprächen führen, um dann zu sehen, wo ist am meisten programmatisch durchführbar".
FDP-Chef Lindner sagte in einer Videobotschaft, er wolle eine Regierungsbeteiligung "nicht um jeden Preis" und betonte angesichts des Ergebnisses von 12,6 Prozent die Eigenständigkeit seiner Partei. "Ich empfehle: Wir bleiben einfach cool und behalten die Nerven."
AfD-Spitzenkandidat schiebt Bundesspitze Schuld zu
SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sagte in der "Bild"-Online-Sendung "Die richtigen Fragen": "Wir haben den richtigen Kandidaten mit Martin Schulz. Das steht außer Frage." Parteivize Ralf Stegner forderte im ARD-"Morgenmagazin": "Wir müssen das Gerechtigkeitsthema noch stärker ausbuchstabieren." Die SPD werde sich nicht auseinanderdividieren lassen. Die SPD hatte ihr bisher schlechtestes Ergebnis in NRW erzielt und den Regierungsauftrag verloren.
Schulz hatte am Wahlabend eingestanden, die Bürger wollten, dass er nicht nur über soziale Gerechtigkeit rede, sondern die Zukunftsperspektiven der Bundespolitik präziser beschreibe. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft war von ihren SPD-Ämtern zurückgetreten.
Der AfD-Spitzenkandidat in NRW, Marcus Pretzell, sagte, dass seine Partei mit gut 7 Prozent weniger stark abgeschnitten habe als etwa in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, liege vor allem an jüngsten Entwicklungen in der Bundespartei. "In Landtagswahlen können sie sich nie so ganz vom Bundestrend abkoppeln", sagte er in Berlin. Die AfD hatte in den vergangenen Monaten lange über ihren Kurs gestritten, zudem gab es schwere Personalquerelen.