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Syrische Armee übernimmt Kurdengebiete

US-Truppenabzug: Dominoeffekt

  • Veröffentlicht: 28.12.2018
  • 22:21 Uhr
  • dpa
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© (c) AP

Trumps angekündigter Truppenabzug aus Syrien löst einen Dominoeffekt aus. Neue Allianzen bilden sich, ehemalige Gegner gehen wieder auf Tuchfühlung. Syriens Präsident Assad scheint nach acht Jahren Konflikt und Bürgerkrieg sicherer im Sattel zu sitzen als zuvor.

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Auf Bitten kurdischer Milizen hat die syrische Armee Truppen in die Stadt Manbidsch an der Grenze zur Türkei verlegt. Angesichts eines drohenden Einmarsches der Türkei in Nordsyrien habe man die syrischen Regierungseinheiten eingeladen, die Kontrolle über Gebiete um Manbidsch zu übernehmen, teilte das Generalkommando der Kurdenmiliz YPG am Freitag mit. Die syrische Armee erklärte daraufhin, Regierungstruppen seien in das Gebiet verlegt worden und hätten ihre Fahne in Manbidsch gehisst.

Die Kurdenmilizen hatten große Teile im Norden Syriens eingenommen, als sie dort gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vorgegeangen waren. Anschließend weiteten die Kurden ihre Selbstverwaltung - zum Ärger der Türkei - in den Gebieten aus.

US-Truppenabzug: Auslöser

Die Entwicklung zeigt, wie sich nach dem angekündigten Truppenabzug der USA die Allianzen in Syrien neu sortieren. Die mit dem US-Militär verbündeten Kurden-Milizen fühlen sich beispielsweise im Stich gelassen und suchen neue Verbündete. Syriens Machthaber Baschar al-Assad weitet sein Einflussgebiet weiter aus und bekommt auch von arabischen Staaten, die zu seinen Gegnern zählten, wieder Zuspruch. Die ersten beiden arabischen Golfstaaten - Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) - öffnen wieder ihre Botschaften in Damaskus. Die arabischen Golfstaaten wollen nach dem US-Abzug vor allem den Einfluss des Irans in Syrien eindämmen.

Nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump über einen Abzug der US-Truppen in Syrien hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit einer Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG gedroht. Die Türkei sieht die YPG als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation.

Mit der Verlegung von Einheiten kämen die Regierungstruppen ihrer Verpflichtung nach, die staatliche Souveränität auf dem gesamten syrischen Staatsgebiet sicherzustellen, hieß es in der Stellungnahme der syrischen Armee. Es soll sich vor allem um Elite-Einheiten und Artillerie handeln.

Erdogan resolut

Der türkische Präsident Erdogan äußerte sich am Freitag vor Journalisten zu den Entwicklungen in Nordsyrien: "Unser Ziel ist es, der YPG eine Lektion zu erteilen und wir sind gewillt, dies zu tun."

Es sei aber auch klar, dass die Gebiete um Manbidsch zu Syrien gehörten. "Unser oberstes Ziel ist es sicherzustellen, dass alle Terrorgruppen das Gebiet verlassen", sagte Erdogan. "Für uns wird nichts mehr zu tun sein, wenn die Terrorgruppen verschwinden." Es sei noch unklar, ob die syrische Armee die Kontrolle über Manbidsch übernommen habe.

Die YPG hatten zuvor erklärt, dass sich ihre Truppen aus dem Gebiet um Manbidsch zurückgezogen hätten, um sich ganz auf den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Nordosten Syriens zu konzentrieren. Aus dem kurdischen Militärrat von Manbidsch hieß es jedoch, dass die syrischen Truppen nicht in die Stadt einmarschiert seien. Sie hätten eine Art "Sicherheitsring" um die Stadt errichtet, sagte ein Mitglied des Militärrates der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, dass die Armee Positionen außerhalb der Stadt eingenommen habe.

Beratungen zwischen Türkei und Russland

Moskau begrüßte die Truppenverlagerung der syrischen Armee. "Dies ist natürlich ein positiver Schritt zur Stabilisierung der Situation", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag laut russischen Medien. Dass die Regierungstruppen ihre Kontrollzone ausweiteten, sei ebenfalls positiv. Russland ist ebenso wie der Iran militärische Schutzmacht von Syrien. Die Türkei unterstützt Rebellen in Syrien.

Russland und die Türkei wollen an diesem Samstag über die weitere Entwicklung in dem Bürgerkriegsland beraten. Dazu wollen sich laut Kreml die Verteidigungsminister und Außenminister beider Länder in Moskau treffen. Sie wollten ihr Vorgehen in Syrien abstimmen. In der ersten Januarwoche lud Russland die Garantiemächte zudem zu Gesprächen nach Moskau ein.

Beobachter sehen die Annäherung der Kurden an die Führung in Damaskus als Folge des angekündigten US-Truppenabzugs. Dadurch veränderten sich fast sieben Jahre nach Ausbruch des Krieges die Machtpositionen in Syrien grundlegend.

US-Rückzug hinterlässt Vakuum

Wenn die Kurden, die bislang enge Partner der USA im Kampf gegen den IS in Syrien waren, von jetzt auf gleich alleine gelassen würden, könne dies der Glaubwürdigkeit der USA schaden, analysierte die US-amerikanische Denkfabrik Stratfor. Dies könne zu einem Vertrauensverlust führen. Russland, Iran und weitere Kräfte seien begierig, das Vakuum zu füllen.

"Moskau wird sich als Vermittler zeigen, um einen Kompromiss zu finden", schrieb Nahost-Experte Alexej Chlebnikow vom Russischen Rat für Internationale Beziehungen auf Twitter. Russland könne die Kurden und die Türkei benutzen, um den Einfluss auf Damaskus zu erhöhen.

Auch die arabischen Golfstaaten, die bislang verschiedene Rebellengruppen im Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad unterstützten, scheinen sich wieder der Führung in Damaskus anzunähern. Bereits am Donnerstag eröffneten die Vereinigten Arabischen Emirate ihre Botschaft in Syrien wieder. Auch Bahrain kündigte am Freitag an, die Botschaftsarbeit in Syrien "weiterzuführen".

Neuordnung der Machtverhältnisse droht

Die Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) - darunter Saudi-Arabien, Katar, Kuwait, Bahrain und der Oman und die VAE - hatten ihre Botschafter im Februar 2012 aus Syrien abberufen, um damit gegen das brutale Vorgehen der syrischen Regierung gegen die Bevölkerung zu protestieren. In einer Stellungnahme des Außenministeriums der VAE zur Wiedereröffnung der Botschaft hieß es, der Schritt unterstreiche das Bekenntnis der Emirate, die Beziehungen zu Syrien wieder auf einen normalen Kurs zu bringen. Dadurch solle die "arabische Rolle" bei der Stabilisierung Syriens gestärkt werden.

Angesichts des Einflusses der Türkei und des Irans sei diese arabische Rolle wichtiger geworden, sagte Anwar Gargasch, Staatsminister für Außenangelegenheiten der VAE. Zahlreiche arabische Staaten befürchten einen zu großen Einfluss vor allem des Irans in Syrien. Der Iran und die vom Iran unterstützten Hisbollah-Milizen aus dem Libanon sind Unterstützer von Machthaber Assad. Mit seiner Ankündigung könnte US-Präsident Trump eine Kettenreaktion ausgelöst haben, die die Machtverhältnisse in Syrien neu ordnet.

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