Arglistige Millionen-Täuschung
WM-Skandal: Ex-DFB-Chefs angeklagt
- Veröffentlicht: 06.08.2019
- 12:42 Uhr
- dpa
Im Skandal um die WM 2006 wird es juristisch ernst. Ein Quartett um die Ex-DFB-Chefs Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sind in der Schweiz wegen Betrugsverdachts angeklagt.
Gut acht Monate vor einer möglichen Verjährung hat die Schweizer Bundesanwaltschaft in der Affäre um die Fußball-WM 2006 Anklage gegen die Ex-DFB-Funktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt erhoben. Dem Trio und dem früheren FIFA-Generalsekretär Urs Linsi wird vorgeworfen, im April 2005 über den eigentlichen Zweck einer Zahlung in Höhe von rund 6,7 Millionen Euro arglistig getäuscht zu haben. Das teilte die Schweizer Behörde am Dienstag mit.
Das Verfahren gegen Franz Beckenbauer war hingegen bereits zuletzt abgetrennt worden, die Ermittler nannten dafür nun erstmals offiziell gesundheitliche Gründe. Der Zustand des damaligen Chefs des WM-Organisationskomitees, der maßgeblich an den finanziellen Transaktionen beteiligt war, lasse "nach derzeitiger Prognose eine Teilnahme oder Einvernahme an der Hauptverhandlung" vor dem Bundesstrafgericht nicht zu.
Keine Geldwäscherei
Zwanziger und Schmidt sowie Linsi wird von der Schweizer Bundesanwaltschaft Betrug in Mittäterschaft vorgeworfen. Niersbach wird die Gehilfenschaft zu Betrug angelastet. Eingestellt wurde im Juli laut Bundesanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts auf Geldwäscherei. Die Beschuldigten haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Um eine Verjährung der Vorwürfe zu verhindern, muss bis April 2020 ein erstinstanzliches Urteil gefällt werden. Auch mit Blick auf diese Frist habe man sich nun zur Erhebung der Anklage entschieden, selbst wenn beispielsweise gegen die Abtrennung des Verfahrens gegen Beckenbauer noch Rechtsmittel möglich sind. Der frühere DFB-Präsident Zwanziger hatte Einzelbetrachtung für den Kaiser durch die Strafverfolger zuletzt scharf kritisiert.
In dem Verfahren geht es um die weiterhin nicht geklärten Zahlungen von umgerechnet 6,7 Millionen Euro aus den Jahren 2002 und 2005. Beckenbauer hatte vom Unternehmer Robert Louis-Dreyfus einen Kredit in dieser Höhe erhalten. Das Geld floss auf Konten des damaligen FIFA-Funktionärs Mohammed Bin Hammam.
Klärungsbedarf
Eine der zentralen Fragen des Sommermärchenskandals - zu welchem Zweck der Katarer das Geld erhielt - konnten die Ermittler allerdings auch knapp vier Jahre nach Eröffnung des Verfahrens im November 2015 nicht klären. Auch weil ein Rechtshilfeersuchen durch die Behörden im Staat der WM 2022 nicht beantworten worden sei, führten die Schweizer Ermittler als Grund an. Beckenbauer hatte bislang für die Verwendung des Geldes in Katar keine öffentliche Erklärung abgegeben.
Die Rückzahlung der Summe drei Jahre später wurde von einem DFB-Konto über die FIFA abgewickelt. Um die Rückzahlung zu ermöglichen, hätten die Beschuldigten gegenüber dem Präsidialausschuss des WM-OK den Vorgang "wahrheitswidrig als einen Mitfinanzierungsbeitrag des DFB bzw. des OK WM 2006 an die FIFA-Auftaktveranstaltung der WM 2006" ausgewiesen, schrieb die Bundesanwaltschaft in einer Mitteilung.
Im Oktober 2018 hatten Niersbach, Zwanziger und Schmidt einen juristischen Erfolg gefeiert. Das Landgericht Frankfurt lehnte die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen das Trio ab. Die Staatsanwaltschaft hatte die drei Ex-Funktionäre im Zusammenhang mit der WM 2006 wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung angeklagt.