Darunter 12 Kinder
73 Tote bei Großbrand in Südafrika: "Die Menschen saßen in der Falle"
- Aktualisiert: 01.09.2023
- 11:50 Uhr
- Lena Glöckner
Hunderte Menschen hausten illegal in einem leerstehenden Gebäude in der Innenstadt Johannesburgs. Bei einem Brand sterben mindestens 73 von ihnen - auch kleine Kinder. Südafrika ist fassungslos.
Im Zentrum der südafrikanischen Metropole Johannesburg sind bei einem Großbrand in einem Gebäude mindestens 73 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Toten seien zwölf Kinder, teilten die Behörden der Stadt nach Abschluss der Bergungsaktion am Donnerstag (31. August) mit.
Mindestens 52 weitere Menschen seien verletzt worden, schrieb der Sprecher des örtlichen Rettungsdienstes, Robert Mulaudzi, am Donnerstagmittag auf der Plattform X. Das jüngste Opfer sei etwa anderthalb Jahre alt, sagte Mulaudzi vor Journalist:innen. "Ich habe so etwas noch nie in meinen 23 Jahren im Dienst erlebt", so der Feuerwehrmann. "Es ist ein sehr trauriger Tag."
Das Feuer war in der Nacht in einem fünfstöckigen Gebäude ausgebrochen. Dutzende Bewohner seien evakuiert worden, sagte Mulaudzi. Rund 300 Menschen in 141 Haushalten seien durch den Brand obdachlos geworden, teilte der auf Provinzebene für Infrastruktur und Siedlung zuständige Regierungsbeamte Lebogang Maile auf X mit. Die Behörden hätten nun Pläne für die Umsiedlung der Betroffenen erstellt.
Stadtrat geschockt: "Die Menschen saßen in der Falle"
Es habe sich um ein illegal besetztes Gebäude gehandelt, sagte Mgcini Tshwaku, ein Beamter für Öffentliche Sicherheit der Stadt Johannesburg, dem Fernsehsender eNCA. Da es in derartigen Gebäuden keine Stromversorgung gebe, liege die Vermutung nahe, dass Kerzen oder ein Kochfeuer den Brand verursacht haben könnten, so Tshwaku. Eine genaue Untersuchung zur Ursache des Brandes gab es jedoch noch nicht.
Auch Kenny Gunene, Stadtratsmitglied, ist geschockt. Der "Tagesschau" sagte er: "Es gibt keinen Strom hier, es gibt keine Fluchtwege." Die Türen seien illegal mit Gittern gegen Einbrecher gesichert worden. "Dass Menschen gestorben sind, liegt doch daran, dass an jeder Tür diese Eisengitter sind, weil es sonst keine Sicherheit gibt. Menschen saßen in der Falle, als sie flüchten wollten." Auch Mgcini Tshwaku, ein Vertreter der örtlichen Sicherheitsbehörden sagte: "Im Gebäude gab es ein geschlossenes Sicherheitstor, sodass die Menschen nicht raus konnten."
Die Stadtmitte Johannesburgs gilt als heruntergekommen und gefährlich. Firmen und Geschäfte sind aufgrund der hohen Kriminalitätsrate in der Innenstadt schon vor vielen Jahren in umliegende Bezirke gezogen. Somit stehen zahlreiche Gebäude im Stadtzentrum leer, viele davon sind von Obdachlosen besetzt. Immobilieneigentümer haben schon seit langem aufgehört, ihre Grundstücke dort, deren Markt- und Mietpreise verfallen sind, instand zu halten.
Gebäude gehörte der Stadt - fremde Person verlangte Miete
Nach Angaben Mailes gehörte das Gebäude der Stadt Johannesburg und war zuvor an einen Verein vermietet worden, der sich für den Schutz misshandelter Frauen einsetzte. Die Organisation sei aber "aus Sicherheitsgründen" später aufgelöst worden. Bei einer Durchsuchung der Räume durch Polizei und Sicherheitsbehörden zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt habe es Festnahmen gegeben. Damals habe man bereits festgestellt, dass Miete für die Räume verlangt worden sei. 1.300 Rand im Monat, also etwa 65 Euro, hätten die Bewohner an eine Frau gezahlt, deren Identität er nicht kennt, sagte ein Nachbar der "Tagesschau". Für arme Menschen sehr viel Geld.
Vor der Absperrung am Gebäude versammelten sich am Donnerstag zahlreiche Menschen, die auf Nachrichten von Angehörigen warteten. Die südafrikanische Zeitung "Times" sprach mit einer Frau, die nach ihrem Bruder suchte. Der Vater von fünf Kindern lebte ihren Angaben nach in dem Gebäude, nachdem er auf Arbeitssuche aus seiner Heimatprovinz nach Johannesburg gekommen war. "Er lebte im dritten Stock, ganz am Ende des Flures. Ich habe ihn regelmäßig besucht", berichtete die Frau. Ihr Bruder sei Anwalt gewesen, habe aber für einen Lebensmittelkonzern gearbeitet. Eine bessere Unterkunft habe er sich nicht leisten können. "Es ist ein ungesunder und dreckiger Ort."
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa reiste kurzfristig nach Johannesburg. "Es ist ein Weckruf für uns, die Wohnsituation in den Innenstädten anzugehen", sagte er.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Tagesschau: "Die Menschen saßen in der Falle"
- Nachrichtenagentur Reuters