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Außenministerin in der Ukraine

Charkiw: Baerbock besucht überraschend Ostukraine

  • Aktualisiert: 10.01.2023
  • 19:05 Uhr
  • Benedikt Rammer
Annalena Baerbock hat überraschend Charkiw in der Ostukraine besucht.
Annalena Baerbock hat überraschend Charkiw in der Ostukraine besucht.© Jörg Blank/dpa

Als erstes deutsches Kabinettsmitglied hat Außenministerin Annalena Baerbock das im September befreite Gebiet Charkiw in der Ostukraine besucht. Aus Sicherheitsgründen war der Besuch zunächst geheim gehalten worden. 

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Das Wichtigste in Kürze

  • Außenministerin Annalena Baerbock hat überraschend Charkiw in der Ostukraine besucht.

  • Baerbock sicherte der Ukraine erneut dauerhafte Unterstützung zu.

  • Für kranke und verletzte Kinder hatte die Außenminitesten-Geschenke im Gepäck.

Außenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine dauerhaften Beistand gegen Russlands Angriffskrieg und auf dem Weg in die Europäische Union (EU) zugesichert. Die Menschen in der Ukraine sollten "wissen, dass sie sich auf unsere Solidarität und unsere Unterstützung verlassen können", versicherte die Grünen-Politikerin am Dienstag beim Besuch der ostukrainischen, schwer vom Krieg getroffenen Millionenstadt Charkiw nahe der russischen Grenze.

Baerbock wurde bei dem aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehaltenen Besuch in Charkiw vom ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba und dem ukrainischen Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, begleitet. Sie ist als erstes deutsches Kabinettsmitglied seit Beginn des russischen Angriffskriegs in die Ostukraine und das lange umkämpfte Charkiw gereist. Die nur gut 20 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernte Millionenstadt war auch in jüngster Zeit russischen Angriffen ausgesetzt.

Zur Unterstützung zähle eine Winterhilfe mit Generatoren, Brennstoff und Decken, aber "auch weitere Waffenlieferungen, die die Ukraine braucht, um ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger zu befreien, die noch unter dem Terror russischer Besatzung leiden", erklärte Baerbock. Sie besuchte das Land nur wenige Tage nach der Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung deutscher Schützenpanzer vom Typ Marder, die die Ukraine immer wieder gefordert hatte.

Baerbock betont EU-Perspektive der Ukraine

Ihr sei wichtig, "dass wir auch in diesem Kriegswinter den Platz der Ukraine in unserer europäischen Familie nicht aus dem Blick verlieren", ergänzt die Ministerin. Die Ukrainer sähen ihre Zukunft in der EU. Die Bundesregierung wolle konkrete Angebote machen, damit das Land bei der Stärkung des Rechtsstaats, unabhängiger Institutionen, der Korruptionsbekämpfung, sowie bei der Angleichung an die EU-Standards vorankomme.

Weil der Luftraum über der Ukraine nach wie vor gesperrt ist, fuhr Baerbock in der Nacht im Sonderzug von Polen aus zunächst in die Hauptstadt Kiew. Von dort aus nahm sie zusammen mit Kuleba und ihrer Delegation am Morgen um kurz nach 07.00 Uhr Ortszeit den regulären Intercity Express 722 nach Charkiw. Auf der Strecke verkehren moderne koreanische Züge, die von der Ukraine für die Fußball-Europameisterschaft 2012 angeschafft worden waren.

Baerbock besichtigte nach der Begrüßung durch Gouverneur Oleh Synjehubow und Bürgermeister Ihor Terechow am Bahnhof in Charkiw zunächst ein zerstörtes Umspannwerk. 15 Mal sei dieses schon angegriffen worden, erzählte ein Mitarbeiter. Die Infrastruktur für die Energieversorgung ist Hauptziel der seit Monaten laufenden russischen Raketenangriffe.

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Geschenke für Kinder von Baerbock 

Im Kinderkrankenhaus Nr. 16 kam die Ministerin - selbst Mutter von zwei kleinen Mädchen - mit Patienten und deren Eltern zusammen. Als Geschenke brachte sie unter anderem Malstifte und Powerbanks mit - wegen der russischen Angriffe fällt oft der Strom aus. Eine Ärztin berichtete über die hohe Qualität der Behandlung, aber auch über Probleme. "Der Krieg greift auch die Seelen der Kinder an", sagte sie. Hier lebten die mutigsten Menschen der Welt, entgegnete Baerbock. Das habe sie auch ihren Töchtern gesagt. Sie wolle der Welt zeigen, wie stark die Menschen von Charkiw und vor allem die Kinder seien, diesem Krieg zu trotzen.

Die Ministerin ließ sich auch den bei russischen Angriffen schwer beschädigten nordöstlichen Stadtteil Saltiwka zeigen. Angesichts der russischen Attacken auf die Infrastruktur besichtigte sie eine zerstörte Heizkesselanlage, besuchte den Wärmeraum einer Schule und sprach mit Mitarbeitenden eines Heizkraftwerkes. In Charkiw herrschen derzeit in der Nacht bis zu zweistellige Minustemperaturen.

Im Wärmeraum der Schule tauschte sich die Ministerin mit Lehrerinnen und Schülern einer bereits am 27. Februar zerstörten Schule aus. Die Schule gehört zu einer vom Auswärtigen Amt 2008 ins Leben gerufenen Initiative von 1800 Partnerschulen mit einer besonderen Deutschlandbindung - sogenannten Pasch-Schulen.

Verheerende Kriegsfolgen in Charkiw

Charkiw ist eine der am stärksten vom Krieg betroffenen Städte der Ukraine. Durch Artillerie- und Raketenangriffe sind laut der Stadtverwaltung mehr als 8000 Häuser beschädigt worden. Im Stadtteil Saltiwka hat fast jedes Haus Schäden davon getragen. Doch nach der erfolgreichen Gegenoffensive der Ukrainer kehren die Bewohner auch hierher zurück und versuchen trotz täglichen Luftalarms ein normales Leben aufzubauen. Gouverneur Oleh Synjehubow zufolge lebten Ende Dezember wieder rund 1,1 Millionen Menschen in der Stadt - das sind fast 80 Prozent der Vorkriegszahl.

Dienstag war der 321. Tag seit Kriegsbeginn. Das Gebiet Charkiw gehörte zu den ersten Regionen, die Russland angegriffen hatte. Nach dem offiziellen Ende der von Kremlchef Wladimir Putin deklarierten Feuerpause am Samstagabend wurden aus dem Gebiet Charkiw Explosionen gemeldet, ein Mensch ist nach ukrainischen Angaben gestorben. Auch während Baerbocks Besuch gab es in Charkiw Luftalarm.

Die Ukrainer zeigten der Ministerin die am zentralen Platz der Freiheit liegende Gebietsverwaltung von Charkiw, die am 1. März von russischen Raketen zerstört worden war. Dabei wurden in der zweitgrößten ukrainischen Stadt 29 Menschen getötet. Direkt nach dem Einmarsch in die Ukraine waren die Russen kurz in Außenbezirke der Stadt vorgedrungen. Sie konnten sich dort aber nicht festsetzen und wurden schnell wieder heraus gedrängt. Aus dem Gebiet Charkiw mussten sie sich im September weitgehend zurückziehen - nach einer ukrainischen Offensive, die die Russen hinter den Fluss Oskil drängte.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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