Todesurteil im Iran
Hinrichtung von britisch-iranischem Ex-Politiker sorgt für Entsetzen
- Aktualisiert: 14.01.2023
- 18:45 Uhr
- Nelly Grassinger
Im Iran wurde erneut ein Todesurteil vollstreckt. Ein früherer Spitzenpolitiker mit doppelter Staatsbürgerschaft wurde getötet. Das sorgt besonders in London für Entsetzen.
Das Wichtigste in Kürze
Der wegen Spionage angeklagte Ex-Vizeminister Aliresa Akbari wurde zum Tode verurteilt.
Das Urteil wurde vollstreckt - und sorgt international für Entsetzen.
Besonders London reagiert mit Sanktionen.
Die Hinrichtung des britisch-iranischen Ex-Spitzenpolitikers Aliresa Akbari wegen Spionagevorwürfen im Iran ist international verurteilt worden. Neben Großbritannien übten auch Deutschland und Frankreich scharfe Kritik an der Vollstreckung des Todesurteils. Der iranische Botschafter in Deutschland wurde für Montagfrüh ins Auswärtige Amt einbestellt, wie es am Samstag aus Diplomatenkreisen hieß. Akbari wurde am Samstag getötet, wie das Justizportal Misan mitteilte. Er war in in einem Spionageprozess wegen Geheimnisverrats zum Tode verurteilt worden. Akbari und seine Angehörigen hatten die Vorwürfe stets vehement zurückgewiesen.
Beobachter vermuten internen Machtkampf als Grund
Akbari wurde laut Medienberichten bereits 2019 festgenommen. Er war zwischen 1997 und 2002 Vizeverteidigungsminister im Iran. Minister war damals Ali Schamchani, der inzwischen Sekretär des Sicherheitsrats ist, des wichtigsten Entscheidungsgremiums des Landes. Zwischen 2014 und 2015 hatte Akbari als militärischer Berater die Iran-Delegation zu den Atomverhandlungen in Wien begleitet. Nach Darstellung der iranischen Sicherheitsbehörden soll er in beiden Funktionen geheime Informationen an den britischen Geheimdienst weitergegeben haben.
Nach Einschätzung von Beobachtern geht es in dem Fall um einen internen Machtkampf. Das eigentliche Ziel der Hardliner um Präsident Ebrahim Raisi sei eine Diskreditierung Schamchanis, heißt es. Dieser soll sich kritisch über die Polizeigewalt gegen die Demonstranten geäußert und sich um Vermittlung bemüht haben.
Proteste im Iran halten an
Der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini Mitte September vergangenes Jahr hatte landesweite Proteste im Iran ausgelöst. Die junge Frau war in Polizeigewahrsam gestorben, nachdem sie von der sogenannten Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Seither gibt es immer wieder Proteste gegen den repressiven Kurs der Regierung und das islamische Herrschaftssystem.
Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak äußerte sich "entsetzt" über die Hinrichtung Akbaris. "Das war eine grausame und feige Tat eines barbarischen Regimes, das keinen Respekt für die Menschenrechte seines eigenen Volkes hat", schrieb Sunak auf Twitter.
Unklar ist, wie Akbari als Vizeverteidigungsminister und militärischer Berater im Sicherheitsrat überhaupt die britische Staatsangehörigkeit erhalten konnte. Im Iran dürfen Doppelstaatler keine politischen Spitzenämter übernehmen.
Scharfe Kritik aus anderen Ländern
London verhängte als Reaktion auf die Hinrichtung Sanktionen gegen den iranischen Generalstaatsanwalt Mohammed-Dschafar Montaseri. Dieser stehe im Zentrum der Anwendung der Todesstrafe durch Iran, schrieb der britische Außenminister James Cleverly in einer Mitteilung auf Twitter als Begründung. Das Außenministerium in Teheran bestellte seinerseits den britischen Botschafter ein und warf der Regierung in London Einmischung vor.
Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte die Hinrichtung Akbaris als einen weiteren unmenschlichen Akt der iranischen Führung. "Wir stehen an der Seite unserer britischen Freund*innen und werden unser Vorgehen gegenüber dem Regime und unsere Unterstützung für Irans Menschen weiter eng miteinander abstimmen", schrieb die Grünen-Politikerin auf Twitter.
Auch aus Frankreich kam scharfe Kritik. Der iranische Botschafter sei am Samstagmorgen einbestellt worden, um ihm die französische Empörung zum Ausdruck zu bringen, teilte das Außenministerium in Paris mit. Die wiederholten Verstöße des Iran gegen das Völkerrecht dürften nicht unbeantwortet bleiben, insbesondere was die Behandlung ausländischer Staatsangehöriger betreffe, die das Land willkürlich festhalte. Auch der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra verurteilte die Hinrichtung. Die Niederlande würden mit den anderen EU-Ländern an weiteren Maßnahmen gegen die Verantwortlichen arbeiten, hieß es aus Den Haag.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa