Unionsfraktionsvorsitzender
Merz fordert China-Strategie und "Führungsrolle" - Ampel weist Kritik zurück
- Aktualisiert: 27.12.2022
- 08:20 Uhr
- Lena Glöckner
Die Bundesregierung sollte sich nach Ansicht von Friedrich Merz international stärker als bisher engagieren. Die Äußerungen stoßen in der Ampel auf Widerspruch.
Das Wichtigste in Kürze
Der Unionsfraktionsvorsitzende hat in einem Interview die Ampel-Regierung dafür kritisiert, keine internationale Führungsrolle einzunehmen.
Gleichzeitig forderte er eine klare, europäische China-Strategie.
Ampel-Mitglieder reagieren empört. Deutschland sei heute wesentlich klarer als zu Zeiten der Ära Merkel.
Friedrich Merz (CDU) hat Olaf Scholz' Ampel-Regierung dazu aufgefordert, international mehr Führungsverantwortung zu übernehmen. "Wir machen uns selbst in unserer Diskussion in Deutschland kleiner, als wir von außen, von vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aber auch außerhalb der EU gesehen werden", sagte er in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
"Das heißt: Deutschland muss bereit sein, mehr Führungsverantwortung zu übernehmen. Nicht Führung allein, sondern Führungsverantwortung für Europa." Bei seinen Auslandsreisen merke er immer wieder, "wie sehr viel anders die Erwartungen an uns sind und wie sehr viel anders die Rolle Deutschlands in der Welt gesehen wird als wir dies tun".
Merz fordert China-Strategie
Mit Blick auf die geplante neue China-Strategie der Bundesregierung, mit der unter Federführung von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) das Verhältnis zu Peking neu justiert werden soll, sagte Merz, China sei ein autoritäres Land und gleichzeitig wichtiger Handelspartner. Über die künftige China-Strategie sagte Merz: "Es wäre gut, wenn es nicht nur eine deutsche, sondern eine europäische China-Politik gäbe."
China habe eine Europa-Strategie - aber Europa keine China-Strategie. Im Verhältnis zu Peking müssten Deutschland und Europa auf strikter Gegenseitigkeit bestehen. "Das, was wir chinesischen Unternehmen, dem chinesischen Staat in Europa erlauben, muss umgekehrt auch europäischen Unternehmen in China erlaubt sein. Dann wird auch eine Gleichzeitigkeit der Interessen daraus."
Ampel widerspricht: "Wesentlich klarer als zu Zeiten der Ära Merkel"
Die Kritik stößt in den Ampel-Fraktionen auf Widerspruch. "Bei der konsequenten Haltung gegenüber Russland und bei der Menschenrechtslage in Ländern wie China oder dem Iran ist Deutschland heute wesentlich klarer als zu Zeiten der Ära Merkel", sagte Torsten Herbst, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, der "Welt". Deutschland übernehme Führung "durch praktisches Handeln" und "nicht durch laute Ankündigungen".
Auch der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Christian Petry, widersprach der Kritik: "Wir übernehmen im zivilen und im militärischen Bereich Verantwortung und tragen damit wesentlich zum Zusammenhalt in Europa bei", sagte er der Zeitung. Auf "Kassandra-Rufe" von Merz könne Europa "allerdings gut verzichten".
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa