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Russischer Botschafter im "Newsweek"-Interview

Putins Statthalter verlässt die USA mit einer Atom-Drohung

  • Veröffentlicht: 11.10.2024
  • 16:29 Uhr
  • Joachim Vonderthann

Er galt als Hardliner und treuer Diener seines Kreml-Herrn. Jetzt wird Russlands Botschafter Anatoli Antonow aus den USA abgezogen. Er verabschiedet sich mit anti-westlicher Propaganda.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Der langjährige russische Botschafter in Washington verlässt die USA.

  • Zum Abschied gibt Anatoli Antonow "Newsweek" ein ausführliches Interview.

  • Darin wiederholt er die auch atomaren Drohungen seines Kreml-Herrn Putin gegenüber dem Westen.

Russland hat seinen langjährigen Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, aus den USA abberufen. "Der russische Botschafter in den USA Anatoli Iwanowitsch Antonow beendet seinen Außendienst in Washington und kehrt nach Moskau zurück", bestätigte das russische Außenministerium eine entsprechende Anfrage der Nachrichtenagentur Interfax. Der 69 Jahre alte Diplomat war seit 2017 Botschafter in den USA.

Kreml-Hardliner verlässt Washington

Antonow galt als Hardliner. Vor seiner Zeit als Diplomat war er stellvertretender Verteidigungsminister in Russland. Den Angriffskrieg seines Landes gegen die Ukraine verteidigte Antonow auch auf seinem diplomatischen Posten vehement und mit harten verbalen Attacken gegen den Westen.

Zu seinem Abschied hat Antonow dem US-Magazin "Newsweek" ein Interview gegeben, in dem er noch einmal die russische Propaganda von Kreml-Herrscher Wladimir Putin wiedergibt und erneut Drohungen gegen den Westen ausspricht.

Der Botschafter kritisierte vor allem die Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine durch westliche Staaten. Es gebe keinerlei Signale an die Ukraine, "dass sie ihre Position überdenken und sich an den Verhandlungstisch setzen müsse", behauptete Antonow. Dass Putin überhaupt nicht zu Verhandlungen bereit ist, verschwieg er.

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Besonders die Waffenlieferungen an die Ukraine aus dem Westen sind Putins US-Statthalter erwartungsgemäß ein Dorn im Auge. Dabei argumentiert er ähnlich, wie man es teils auch vom republikanischen US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump und extremistischen Parteien in Europa, wie der AfD oder dem BSW, kennt. "Und es gibt auch keinerlei Hinweise darauf, dass der sinnlose Waffenfluss auf Kosten der örtlichen Steuerzahler gestoppt werden soll", sagte Antonow.

Weiter schimpfte er: "Washington führt eine gefährliche Diskussion über die Möglichkeit fort, den Ukrainern die Erlaubnis zu erteilen, mit westlichen Langstreckenraketen tief in russisches Territorium einzudringen.“ Der Westen weigere sich anzuerkennen, dass "grünes Licht" für solche Angriffe von Putin als direkte Beteiligung der NATO an dem Krieg gesehen werden würde - "mit allen sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen unsererseits".

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Wiederholung von Putins Drohungen

Er wiederholte damit Putins Drohung aus dem September. Russlands Machthaber hatte zum möglichen Einsatz von westlichen Langstreckenwaffen gesagt: "Das wird bedeuten, dass die Länder der NATO, die USA, die europäischen Länder mit Russland kämpfen." Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja verwies im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sogar auf Russlands Atomwaffen.

Die Ukraine fordert von den westlichen Verbündeten schon seit Langem die Erlaubnis, weitreichende Waffen gegen weit in Russland liegende Ziele einsetzen zu dürfen. Bundeskanzler Olaf Scholz sieht das skeptisch. Anders als die USA, Großbritannien und Frankreich hat Deutschland weitreichende Waffen erst gar nicht geliefert. Den Marschflugkörper "Taurus" mit einer Reichweite von 500 Kilometern will Scholz nicht bereitstellen, weil er befürchtet, dass Deutschland und die NATO dann in den Krieg hineingezogen werden könnten.

Antonow behauptete zudem, das US-Militär habe damit begonnen, über einen atomaren Konflikt nachzudenken. "Gleichzeitig glauben sie fälschlicherweise, dass diese Katastrophe nur Europa und Russland betreffen wird", fügte er hinzu. "Das ist extrem kurzsichtig. Amerika wird nicht in der Lage sein, das auf der anderen Seite des Ozeans auszusitzen. Eine globale nukleare Katastrophe würde jeden betreffen."

Auch ein weiteres russisches Narrativ benutzte Antonow in dem "Newsweek"-Interview. Er behauptete: "In Amerika gibt es eine Unwilligkeit anzuerkennen, dass der Westen, angeführt von Washington, in den letzten Jahrzehnten Moskaus ausgestreckte Hand zur Zusammenarbeit immer wieder zurückgewiesen hat. Er fügte hinzu: "Jahr für Jahr hat er europäisches Territorium militärisch 'ausgebeutet' und Wellen der NATO-Erweiterung nach Osten geleitet."

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In Wirklichkeit erfolgte der Beitritt der jeweiligen Länder in die NATO seit dem Ende der Sowjetunion immer freiwillig und entspricht dem Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Russland stimmte 1997 auch ausdrücklich in der NATO-Russland-Grundakte zu, kein Vetorecht gegen eine NATO-Mitgliedschaft anderer Länder zu haben. Viele Staaten, wie zuletzt Finnland und Schweden, fühlen sich zudem zunehmend von Russland bedroht und treten gerade deswegen dem westlichen Verteidigungsbündnis bei.

Russlands Botschafter zog in dem Interview mit "Newsweek" eine düstere Bilanz: "Die Beziehungen zwischen Moskau und Washington durchlaufen eine äußerst turbulente Phase und erreichen wohl den Tiefpunkt ihrer Geschichte." Dass dafür die Aggression Russlands gegenüber der Ukraine und dem Westen verantwortlich ist - dazu war von Putins Vertrautem erwartungsgemäß zum Abschied aus den USA nichts zu vernehmen.

  • Verwendete Quellen:
  • "Newsweek": "Russia Ambassador Exits US With Warning of 'Nuclear Catastrophe'"
  • Nachrichtenagentur dpa
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