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Koalitionsvertrag

SPD-Vorstoß zum Mindestlohn: Union stellt sich strikt dagegen

  • Aktualisiert: 23.04.2025
  • 16:55 Uhr
  • dpa
Der Streit zwischen Union und SPD über die Auslegung des Koalitionsvertrags geht weiter, auch in puncto Mindestlohn.
Der Streit zwischen Union und SPD über die Auslegung des Koalitionsvertrags geht weiter, auch in puncto Mindestlohn.© Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Zwei Wochen vor dem geplanten Regierungsstart ringt Schwarz-Rot um den Mindestlohn. Kommen 15 Euro - so wie von der SPD versprochen? Das entscheidende Gremium lässt sich nicht in die Karten gucken.

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Inhalt

Zwei Wochen vor dem geplanten Start der schwarz-roten Regierung weisen CDU/CSU einen Vorstoß des künftigen Koalitionspartners SPD zum Mindestlohn strikt zurück.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hatte darauf verwiesen, dass 15 Euro Mindestlohn notfalls auch per Gesetz erreichbar seien. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann wandte sich daraufhin gegen einen "politischen Mindestlohn". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), erklärte: "Im Koalitionsvertrag haben wir eine gute Regelung gefunden. Daran sollten wir uns auch orientieren." Auch die CSU wandte sich gegen den neuen sozialdemokratischen Vorstoß.

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Zum 1. Januar war die Lohnuntergrenze auf 12,82 Euro pro Stunde erhöht worden. In ihrem Wahlprogramm hatten die Sozialdemokraten 15 Euro als eines ihrer Kernversprechen angekündigt. Mit der Union konnte die SPD im Koalitionsvertrag aber nur vereinbaren, dass die Mindestlohnkommission sich unter anderem "an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollbeschäftigen orientieren" solle. "Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar", stellt der Koalitionsvertragsentwurf fest.

SPD-Generalsekretär: Wir können gesetzgeberisch tätig werden

Miersch hatte im Podcast "Table.Today" mit Blick auf die unabhängige Mindestlohnkommission gesagt: "Ich gehe davon aus, dass diese Kommission tatsächlich zu diesem Ergebnis (von 15 Euro) kommt." Auch der als Kanzler vorgesehene CDU-Chef Friedrich Merz habe gesagt, er gehe davon fest aus. "Aber wir haben auch in anderen Fällen schon bewiesen, dass wir, wenn diese Kommission beispielsweise nicht dementsprechend handelt, dass wir dann gesetzgeberisch tätig werden können."

Damit spielte Miersch auf das Jahr 2022 an, als die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP die Lohnuntergrenze außerplanmäßig auf 12 Euro erhöhte. Die Wirtschaft hielt das für schädlich, die damals oppositionelle Union schäumte.

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Von CSU bis CDA: Union gegen SPD-Vorstoß

Frei sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Eine ebenso starke wie unabhängige Mindestlohnkommission hat sich bewährt." Grundsätzlich sei es das Ziel, dass Tariflöhne wieder zur Regel werden. Zuletzt war nur für rund 49 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland das Beschäftigungsverhältnis durch einen Tarifvertrag geregelt (2023). CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte den Zeitungen: "Die Mindestlohnkommission bleibt politisch unabhängig. Die Höhe des Mindestlohns wird von der Kommission festgelegt."

Der Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels der CDU, Dennis Radtke, sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass ein SPD-Generalsekretär sowohl die Geschäftsordnung der Mindestlohn-Kommission wie auch den Koalitionsvertrag lesen und verstehen kann." Es sei "offenkundig, dass die Kommission selbst die 15-Euro-Schwelle knacken wird". 

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Linnemann verweist auf SPD-Mitgliederentscheid

Linnemann sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Ich verstehe den Druck, den die SPD durch die Mitgliederbefragung hat. Aber wir müssen trotzdem am Koalitionsvertrag festhalten." Ein Mindestlohn von 15 Euro sei erreichbar, doch die Kommission werde entscheiden, ob es so komme. 

Bei der SPD läuft bis zum 29. April ein Mitgliedervotum über den neuen Koalitionsvertrag. Am Tag zuvor will die CDU auf einem kleinen Parteitag darüber abstimmen. Die Wahl von CDU-Chef Merz zum neuen Bundeskanzler im Bundestag ist für den 6. Mai vorgesehen.

DGB: Voraussetzungen für 15 Euro gegeben

In der Mindestlohnkommission sitzen Spitzenvertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie die unabhängige Vorsitzende, die bei Uneinigkeit die entscheidende Stimme für eine Seite abgeben kann. So hatte das Gremium im Juni 2023 eine Erhöhung von damals 12 Euro auf den aktuellen Wert gegen die Stimmen der Gewerkschaften beschlossen. DGB-Vorstands- und zugleich Kommissionsmitglied Stefan Körzell warf den Arbeitgeber und der Kommissionschefin damals vor, sich einer angemessenen Erhöhung verweigert zu haben. 

Nun verweist Körzell auf die Vorgabe von "mindestens 60 Prozent des Medianlohns". Rechnerisch seien damit die Voraussetzungen für 15 Euro 2026 gegeben. Die Politik könne das Kommissionsvotum anschließend bewerten – "ob sie handeln muss, obliegt ihrer Entscheidung". Nur bei 60 Prozent des mittleren Lohns schütze der Mindestlohn wirklich vor Armut, so Körzell.

Der in der Kommission vertretene Spitzenverband der Arbeitgeber und die Kommissionsvorsitzende Christiane Schönefeld wollten sich nach Mierschs Äußerungen auf Anfrage hingegen nicht äußern.

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Wie die Meinungen aufeinanderprallen

Die deutsche Wirtschaft steuert nach zwei Rezessionsjahren nach offiziellen Prognosen auf ein Jahr mit Nullwachstum zu. Friedrich Merz hatte der "Bild am Sonntag" gesagt, möglicherweise komme man auch erst 2027 auf den Betrag von 15 Euro. In einem Papier der SPD zum Koalitionsvertrag heißt es: "Der Mindestlohn wird bis 2026 auf 15 Euro steigen." 

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, nannte es in der "Rheinischen Post" (Donnerstag) "eine Farce", dass die Sozialdemokraten die Einigung von Union und SPD infrage stellten, die Kommission unabhängig entscheiden zu lassen. Der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union (MU), Sebastian Brehm, kritisierte, allein die Andeutung eines Eingriffs des Staates gefährdet "den notwendigen Stimmungswandel in der Wirtschaft". 

Der Linke-Vorsitzende Jan van Aken sagte der "Welt" dagegen, 15 Euro seien "das Minimum". Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, meinte sogar: "Um Erwerbs- und Altersarmut wirksam zu bekämpfen, muss der Mindestlohn nach Berechnungen unserer Fachleute auf 15,12 Euro steigen - und zwar noch in diesem Jahr."

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