Zaudern, Zögern und "Konvertitenreden"
Union wirft Olaf Scholz Führungsschwäche vor
- Aktualisiert: 19.11.2022
- 17:06 Uhr
- Julian Ragauskas
Führende Unionspolitiker warfen der Ampel-Koalition und Scholz vor, drängende Probleme im Land nicht anzupacken.
Das Wichtigste in Kürze
Führende Unionspolitiker haben der Berliner Ampel-Koalition Führungsschwäche und Unentschlossenheit in wichtigen Zukunftsfragen vorgeworfen.
CDU-Chef Merz kritisierte etwa, dass von dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur besseren Ausstattung der Bundeswehr noch nichts ausgegeben worden sei.
Auch im Streit um das Bürgergeld forderte Merz die Ampel-Koalition zu Zugeständnissen auf.
Führende Politiker von CDU und CSU haben der Berliner Ampel-Koalition Führungsschwäche und Unentschlossenheit in wichtigen Zukunftsfragen vorgeworfen. Beim Deutschlandtag der Jungen Union in Fulda kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz, dass von dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur besseren Ausstattung der Bundeswehr noch nichts ausgegeben worden sei. "Es ist nichts passiert, es gibt nicht eine einzige Bestellung, es gibt nicht eine Ausschreibung", so der CDU-Chef.
Die Union habe Verantwortung mitgetragen, damit das "sogenannte Sondervermögen" gesetzlich abgesichert werden könne, auch um schnell Bestellungen auf den Weg bringen zu können. Stattdessen werde es in den kommenden Tagen bei den anstehenden Lesungen des Bundeshaushaltes um eine Vorlage gehen, die eine Absenkung des deutschen Verteidigungsetats vorsehe - obwohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kurz nach Beginn des Angriffskriegs von Russland gegen die Ukraine von einer "Zeitenwende" gesprochen habe.
Merz: "Kein Zufall, das hat Methode."
Dies sei "kein Zufall, das hat Methode", sagte Merz. "Die Reden, die wir von denen da im Parlament hören, sind klassische Konvertitenreden. In der Sache selbst haben sie ihre Meinung nicht geändert." Nach wie vor hätten Ampel-Politiker ein "gestörtes Verhältnis" zur Verteidigungspolitik und zur Bundeswehr, sagte Merz. Vor allem die SPD sei "auf einem ganz anderen Trip unterwegs", als das, was Scholz am 27. Februar gesagt habe.
CDU-Generalsekretär Mario Czaja bezeichnete die Bürgergeld-Pläne der Ampel als "Umkehr unseres Sozialstaates". Die Union wolle weiter "Fördern und Fordern", deshalb habe sie ein eigenes Konzept auf den Tisch gelegt. "Von uns wird es das nicht geben, dass es einen einzigen Tag ohne Fördern und Fordern gibt." Der Ampel warf Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor, die Betroffenen "im Kern" aufgegeben zu haben und für nicht mehr vermittelbar zu halten.
Auch Spahn kritisierte eine mangelnde Entscheidungsfreude von Scholz, etwa bei den Hilfen für Unternehmen und Verbraucher gegen die hohen Energiepreise. Bereits vor Wochen habe der Bundeskanzler seinen "Doppelwumms" angekündigt, "wir sehen nur nichts, nichts Genaues weiß man nicht", sagte Spahn in Fulda. "Mal um Mal, Woche um Woche werden die konkreten Gesetzesvorschläge verschoben." Zugleich werde es kalt, die Menschen müssten heizen, wüssten aber nicht, was komme. "Wir müssen jetzt aufpassen, dass aus diesem Doppelwumms der Ampel nicht am Ende ein kalter Furz wird, der einmal riecht und dann schnell wieder verpufft", so Spahn.
Streit um das Bürgergeld
Im Streit um das Bürgergeld forderte Merz die Ampel-Koalition zu Zugeständnissen auf. "Wir erwarten von dieser Regierung, dass sie auch einen Schritt, und zwar einen großen Schritt auf uns zugeht, wenn wir eine gemeinsame Lösung für dieses sogenannte Bürgergeld in den nächsten Tagen und Wochen finden wollen", sagte Merz am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Fulda.
Es gelte Anreize zu setzen, damit Arbeitslosen möglichst schnell wieder der Weg in den Arbeitsmarkt geebnet werde. In Deutschland würden alle verfügbaren Arbeitskräfte gebraucht. "Das kann auch, das muss auch mit Sanktionen begleitet werden", sagte Merz. Das Bundesverfassungsgericht habe dafür einen sehr engen Spielraum vorgegeben. "Diesen engen Spielraum auszunutzen, auch Sanktionen, auch Kürzungen bei beharrlicher Verweigerung der Mitwirkung zu geben, ist doch ein Gebot des Sozialstaates, auch allen denen gegenüber, die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlen."
Größte Krise seit dem 2. Weltkrieg
CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte, Deutschland befinde sich in einer der größten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg mit historischen Teuerungsraten, Verunsicherung bei der Versorgungssicherheit mit Gas und Strom sowie Engpässen bei Material und Rohstoffen sowie gestörten Lieferketten. Man erlebe in dieser Krise eine Bundesregierung, "die führungslos vor sich hindümpelt und die ihre Politik der Bevormundung über das Wohl der Bürgerinnen und Bürger stellt", sagte Huber.
Hinzu komme eine tektonische Verschiebung der internationalen Ordnung, herausgefordert durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und das Machtstreben Chinas. "Die linke Ampel mit einem bisschen kleinen gelben Störfeuer hat nichts anderes zu tun, als eine bizarre Paralleldebatte zu führen: Gendern, Wokeness, Canceln", sagte Huber. Die Union stehe für ein völlig anderes Menschen- und Gesellschaftsbild als die Ampel.
Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa