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Die Ukraine nach der US-Wahl

Warum Selenskyj einen Wahlsieg von Trump fürchten muss

  • Aktualisiert: 21.10.2024
  • 16:51 Uhr
  • Joachim Vonderthann

Ein erneuter Einzug von Trump ins Weiße Haus dürfte für die von Russland angegriffene Ukraine weitreichende Folgen haben. Was Kiew unter dem Republikaner droht.

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Das Wichtigste in Kürze

  • US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump äußert sich regelmäßig kritisch über die von Russland attackierte Ukraine.

  • Sein "Friedensplan" im Falle einer Amtsübernahme dürfte einseitig auf Kosten Kiews gehen und Russland in die Häne spielen.

  • Weshalb Wladimir Putin dennoch nicht ganz glücklich über einen Wahlsieg Trumps sein könnte.

Erst kürzlich wieder hat US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump seine eher negative Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit der Öffentlichkeit geteilt. Dieser, so Trump in einem Podcast, sei mitverantwortlich für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. "Er hätte es niemals zum Ausbruch dieses Krieges kommen lassen dürfen", behauptete der Republikaner.

Zugleich stellte der Ex-Präsident abermals die US-Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine infrage und ließ auch dabei kein gutes Haar an Selenskyj. "Ich denke, Selenskyj ist einer der besten Geschäftemacher, die ich je gesehen habe. Jedes Mal, wenn er kommt, geben wir ihm 100 Milliarden Dollar. Wer sonst hat in der Geschichte so viel Geld bekommen? Das hat es noch nie gegeben."

Kiew drohen Horrorszenarien mit Trump

Zwar sind die USA wirklich wichtigster Unterstützer von Kiew. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat die Regierung von Präsident Joe Biden militärische Hilfe in Höhe von mehr als 50 Milliarden US-Dollar bereitgestellt, folglich wesentlich weniger als von Trump in die Welt gesetzt.

Für den ukrainischen Staatschef kann das aber kein Trost sein. Denn bei einem Wahlsieg von Trump am 5. November gegen seine demokratische Herausforderin Kamala Harris steht für die Ukraine so viel auf dem Spiel, wie für kaum ein anderes Land.

Denn unter einem US-Präsidenten Trump warten auf Ukraine womöglich Horrorszenarien. Zum einen droht die massive Kürzung oder gar komplette Streichung der US-Unterstützung. Zum anderen hat Trump immer wieder damit geprahlt, den Krieg in der Ukraine noch vor seinem möglichen Amtsantritt im Januar beenden zu können - und dafür könnte der Republikaner Russlands Machthaber Wladimir Putin weit entgegenkommen.

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"Gut möglich, dass Trump über Selenskyjs Kopf hinweg einen Deal mit Putin vereinbart", wird Julian Müller-Kaler vom Stimson Center, einem Think Tank in Washington, vom "Merkur" zitiert. Dieser Deal - vorausgesetzt, Putin ist überhaupt zu Verhandlungen bereit, worauf wenig hindeutet - könnte einen Waffenstillstand bedeuten, der die unrechtmäßigen russischen Gebietsgewinne in der Ukraine de facto legitimieren würde.

Wie ein Trumpscher "Friedensplan" aussehen könnte, hat erst vor kurzem sein Vize-Kandidat J.D. Vance skizziert: Russland darf die besetzten Gebiete behalten, es wird eine entmilitarisierte Zone eingerichtet und die Ukraine verpflichtet sich zur Neutralität. Vorstellungen übrigens, die in weiten Teilen denen Putins entsprechen.

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Trumps "Friedensplan" vs. Selenskyjs "Siegesplan"

Dieses Szenario wäre eine komplette Abweichung von der bisherigen US-Politik. Biden betonte stets, dass nur die Ukraine selbst bestimmen kann, zu welchen Bedingungen sie gegebenenfalls in Friedensverhandlungen eintritt.

Sicherlich auch mit Blick auf die nahende US-Wahl und einem möglichen Wahlsieger Trump hatte der ukrainische Präsident kürzlich der Weltöffentlichkeit seinen "Siegesplan" präsentiert. Dieser sieht unter anderem die bedingungslose Einladung der Ukraine in die NATO und den Krieg auch auf russischem Territorium und mit weitreichenden westlichen Waffen vor. Noch vor einem drohenden Machtwechsel im Weißen Haus also versucht Selenskyj noch so viele Zugeständnisse des Westens einzufahren wie möglich.

:newstime
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump macht den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für den russischen Einmarsch in die Ukraine verantwortlich.
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Interview im US-Wahlkampf

Für Trump sind Biden und Selenskyj schuld am Ukraine-Krieg, nicht Putin

Mit Donald Trump als künftigem Präsidenten könnte die US-Hilfe für die Ukraine massiv abnehmen. Mit neuen Interview-Aussagen befeuert der Republikaner die Befürchtungen.

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Denn auch Jörn Fleck vom US-Think-Tank Atlantic Council geht davon aus, dass Trump sich bei einer zweiten Amtszeit sehr zeitnah mit Putin treffen könnte, um die Ukraine-Frage anzugehen. "Ich glaube, dass wir uns dann sehr schnell in einem Verhandlungs-Endgame befinden könnten", zitiert ihn der "Merkur".

Trotz dieser für Russland positiven Aussichten bezweifelt der Sicherheitsexperte, ob sich Kremlmachthaber Putin tatsächlich Trump als US-Präsidenten wünscht. "Wir reden von einem so unberechenbaren Akteur – ich bin nicht sicher, ob sich Moskau und Peking wirklich Trump im Weißen Haus wünschen", so Fleck. Zudem dürfe an nicht vergessen, "dass die Trump-Administration die einzige war, die damals eine Reihe von russischen Wagner-Söldnern bei Luftanschlägen in Syrien töten ließ. Das war nicht Obama, das war nicht Biden, das war Trump".

  • Verwendete Quellen:
  • "Merkur": "Zukunft der Ukraine: Selenskyjs Angst vor einem Präsidenten Trump"
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur Reuters
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