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Er trat 2013 zurück

Ebenso umstritten wie brillant: Was von Benedikt XVI. bleibt

  • Veröffentlicht: 31.12.2022
  • 11:06 Uhr
  • Lena Glöckner
Der damalige Papst Benedikt XVI. begrüßt Pilger an Bord des Schiffes Sydney 2000. Er ist am 31. Dezember im Vatikan gestorben.
Der damalige Papst Benedikt XVI. begrüßt Pilger an Bord des Schiffes Sydney 2000. Er ist am 31. Dezember im Vatikan gestorben. © Gregorio Borgia/AP/dpa

Joseph Aloisius Ratzinger war der erste deutsche Papst seit einem halben Jahrtausend. In die Geschichte geht er als ebenso brillanter wie umstrittener Theologe ein. Was von Benedikt XVI. bleibt.

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Gut versteckt, aber dennoch mitten im Vatikan, liegt das Kloster Mater Ecclesiae. Hier hat der emeritierte Papst Benedikt XVI - abgeschirmt vom tosenden Stadtlärm Roms - die letzten knapp neun Jahre seines Lebens verbracht. Mehrere Nonnen und sein Privatsekretär Georg Gänswein kümmerten sich um den als Joseph Ratzinger geborenen Pontifex, seit er im Februar 2013 das Amt niederlegte.

Weil seine Kräfte schwanden, trat er als erster Papst der Neuzeit von seinem Amt zurück. Als Präfekt der Glaubenskongregation hatte Joseph Ratzinger bereits vor seiner Papstwahl mehr als 20 Jahre lang Kirchengeschichte geschrieben. Er galt als einer der brillantesten Theologen der Kirche, wegen seiner streng konservativen Haltung aber auch als einer der umstrittensten.

Ein Deutscher als Papst – erstmals nach 500 Jahren

Joseph Ratzinger wurde am 16. April 1927 in Marktl am Inn, nahe Passau geboren. 1951 wurde er zum Priester geweiht, mit 30 Jahren habilitierte er und wurde Dogmatik-Professor. Die Wissenschaft hatte ihn gepackt, er lehrte in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg. 1977 wurde er Erzbischof von München und Freising und wenig später auch Kardinal.

1981 berief ihn Johannes Paul als Präfekt der Glaubenskongregation nach Rom. Der Posten erschien maßgeschneidert für den so kühlen und strengen Denker. Ob Verdammung künstlicher Geburtenregelung, Verbot weiblicher Priester oder Befreiungstheologie in Lateinamerika: Das oberste Urteil im Vatikan trug meist die Handschrift des Deutschen.

Im Video: Benedikt XVI. starb um 9.34 Uhr im Vatikan

Emeritierter Papst Benedikt XVI. ist tot

Seine Wahl zum Papst war eine Sensation. Denn ein Mann aus dem "Land Luthers" auf dem Stuhl Petri, das hatte bis kurz vor dem Konklave 2005 als schlichtweg undenkbar gegolten. Fast fünf Jahrhunderte lang hatte es keinen deutschen Papst gegeben.

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Fehlverhalten im Missbrauchsskandal

Was bleibt von Benedikt, jetzt wo er, wie er einst selbst schrieb, "das dunkle Tor des Todes" durchschritten hat? Der Bayer sehnte sich seit langem nach seinem "Heimgang", das bestätigte auch sein Biograf Peter Seewald kurz vor seinem Tod. Als Papst setzte er Akzente, die eher bewahren und die Milliarden Katholiken zusammenhalten sollten.

Doch das löste auch Krisen aus, nicht zuletzt wegen der Kommunikationsprobleme des schwerfälligen Vatikan-Apparates. Die Aufdeckung des Missbrauchsskandals in mehreren Ländern fiel in seine Amtszeit. Und auch die spektakuläre "Vatileaks"-Affäre um gestohlene Dokumente, Intrigen und Machenschaften im Vatikan.

Benedikt war auch selbst im Umgang mit den Missbrauchsvorwürfen Fehlverhalten vorgeworfen worden. So soll der verstorbene Papst, der von 1977 bis 1982 Erzbischof in München war, damals in einem wesentlichen Punkt eine Falschaussage gemacht haben. Das räumte er Anfang 2022 auch ein. Dabei ging es um seine Anwesenheit in einer Sitzung, in der über einen Missbrauchspriester gesprochen wurde. Die Falschaussage führte Berater Gänswein jedoch auf ein technisches Versehen zurück.

Benedikts "großes theologisches Werk"

Viele Benedikt-Kenner wünschen sich einen gerechten Blick auf das gesamte Lebenswerk des emeritierten Papstes. Zwar seien die Missbrauchsfälle schlimm, man habe nicht an die Opfer gedacht und das dürfe nicht noch einmal passieren - man müsse aber auch in die Zukunft blicken. Wenn man auf Benedikts gesamtes Schaffen in der Kirche blicke, so die Wertung, dann schwinge das Pendel wieder in die Mitte zurück.

Benedikt XVI. - seine Amtszeit in Bildern:

Papst Benedikt "sehr krank" - seine Amtszeit in Bildern

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Hier kehrt der frühere Papst Benedikt XVI. gemeinsam mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein aus Deutschland in den Vatikan zurück, wo er seinen kranken Bruder besucht hatte.
© AFP

Hier kehrt der frühere Papst Benedikt XVI. gemeinsam mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein aus Deutschland in den Vatikan zurück, wo er seinen kranken Bruder besucht hatte.

Papst Franziskus grüßt seinen emeritierten Vorgänger während des Besuchs der 20 neuen Kardinäle im Vatikan im August 2022.
© AFP

Papst Franziskus grüßt seinen emeritierten Vorgänger während des Besuchs der 20 neuen Kardinäle im Vatikan im August 2022.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. trinkt mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein und dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer während seiner 90. Geburtstagsfeier ein Glas Bier.
© AFP

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. trinkt mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein und dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer während seiner 90. Geburtstagsfeier ein Glas Bier.

Papst Benedikt XVI. winkt den Pilgern zum letzten Mal als Oberhaupt der katholischen Kirche aus dem Fenster von Castel Gandolfo zu.
© AFP

Papst Benedikt XVI. winkt den Pilgern zum letzten Mal als Oberhaupt der katholischen Kirche aus dem Fenster von Castel Gandolfo zu.

Benedikt, als er am 27. Februar 2013 zu seiner letzten wöchentlichen Audienz auf dem Petersplatz ankommt.
© AFP

Benedikt, als er am 27. Februar 2013 zu seiner letzten wöchentlichen Audienz auf dem Petersplatz ankommt.

Ein historisches Treffen: Papst Benedikt XVI. mit dem kubanischen Führer Fidel Castro während einer Zusammenkunft zur Stärkung der Beziehung der römisch-katholischen Kirche zur kommunistischen Regierung.
© AFP

Ein historisches Treffen: Papst Benedikt XVI. mit dem kubanischen Führer Fidel Castro während einer Zusammenkunft zur Stärkung der Beziehung der römisch-katholischen Kirche zur kommunistischen Regierung.

Papst Benedikt XVI. feiert in Portugal, um an die letzte Messe zu erinnern, wo riesige Menschenmengen den Papst unterstützten, während er gegen einen Priestermissbrauchsskandal kämpfte.
© AFP

Papst Benedikt XVI. feiert in Portugal, um an die letzte Messe zu erinnern, wo riesige Menschenmengen den Papst unterstützten, während er gegen einen Priestermissbrauchsskandal kämpfte.

Um im Yankee Stadium in New York eine Messe zu feiern betritt Benedikt XVI. die Bühne.
© AFP

Um im Yankee Stadium in New York eine Messe zu feiern betritt Benedikt XVI. die Bühne.

Papst Benedikt XVI. stattet dem ehemaligen Standort des World Trade Centers einen historischen Besuch ab.
© AFP

Papst Benedikt XVI. stattet dem ehemaligen Standort des World Trade Centers einen historischen Besuch ab.

Jahrzehntelanger Sexskandal: Papst Benedikt stattet den Vereinigten Staaten einen Besuch ab in der Hoffnung, die in der US-Kirche hinterlassenen Wunden zu heilen.
© AFP

Jahrzehntelanger Sexskandal: Papst Benedikt stattet den Vereinigten Staaten einen Besuch ab in der Hoffnung, die in der US-Kirche hinterlassenen Wunden zu heilen.

Benedikt XVI. betritt eine Zelle im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz.
© AFP

Benedikt XVI. betritt eine Zelle im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz.

Papst Benedikt XVI. erscheint am Fenster des Vatikan-Hauptbalkons, nachdem er zum Papst der römisch-katholischen Kirche gewählt wurde.
© AFP

Papst Benedikt XVI. erscheint am Fenster des Vatikan-Hauptbalkons, nachdem er zum Papst der römisch-katholischen Kirche gewählt wurde.

Kardinal Reinhard Marx würdigte zu Benedikts 95. Geburtstag dessen "großes theologisches Werk" und dessen "unentwegtes Suchen, Denken, Ringen und Wirken im Horizont des absoluten Geheimnisses, das wir Gott nennen". Der emeritierte Papst sei seinen "ganz eigenen Weg bis zur endgültigen Begegnung mit dem Herrn" gegangen.

Der Biograf Benedikts kritisierte einst die fehlende Würdigung des Geistlichen. "Ich finde es skandalös, wie einer der größten Söhne dieses Landes, von Teilen dieses Landes, auch von Teilen des kirchlichen Establishments, behandelt wird", sagte Autor Peter Seewald der Deutschen Presse-Agentur 2017. Er habe den Eindruck, "aus den Augen, aus dem Sinn".

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Zuletzt sehnte er sich nach seiner Heimat Bayern

In den letzten fünf Jahren seines Lebens sah Benedikt seine Kräfte schwinden – darüber sprach er auch selbst. "Er ist ein alter Mann am Ende seines Weges", sagte Benedikt bei einem Besuch des Bayerischen Rundfunks 2020 an seinem Rückzugsort im Vatikan auf die Frage, was die Menschen in Deutschland über sein Befinden wissen sollten. "Früher hatte ich ein großes Mundwerk, jetzt funktioniert es nicht mehr." Er fühle sich Bayern nach wie vor verbunden. "Ich bin immer im Herzen verbunden mit Bayern und empfehle unser Land am Abend immer dem Herrn." Ein Stück Bayern behielt er sich laut Gänswein aber auch in Rom. "Die Lieblingsspeise ist bayerische Süßspeisen nach wie vor, aber er hat auch an der italienischen Küche Freude."

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • benedictusxvi.org
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