SAT.1-Interview
Steven Gätjen spricht über den Besuch bei Boris Becker im Gefängnis und das Exklusiv-Interview
- Aktualisiert: 23.12.2022
- 09:59 Uhr
Das Wichtigste in Kürze
Boris Becker wurde am 15. Dezember 2022 nach mehr als sieben Monaten aus dem Gefängnis entlassen.
Am 20. Dezember 2022 sprach der Ex-Tennis-Profi im "SAT.1 Spezial. Boris Becker" über seinen Gefängnisaufenthalt.
Es ist das weltweit erste und einzige Interview nach Beckers Inhaftierung.
Im Vorfeld traf Steven Gätjen den dreifachen Wimbledonsieger im Gefängnis Huntercombe bei London.
Dieses Interview in SAT.1 sorgt für Aufsehen: Wie Steven Gätjen Boris Becker in seinen letzten Hafttagen erlebt hat, welche Aussagen ihm besonders in Erinnerung geblieben sind und wie sich der persönliche Blick des Moderators auf den Menschen Boris Becker verändert hat: Darüber spricht Steven Gätjen im ausführlichen sat1.de-Interview.
Ich glaube, dass Boris Becker wirklich willens ist, aufzuräumen und viele Dinge klarzustellen.
Steven Gätjen
In Vorbereitung auf das Interview, das SAT.1 am Dienstagabend ausstrahlt, haben Sie Boris Becker in der Huntercombe Haftanstalt besucht. Welchen Eindruck hatten Sie von ihm?
Als ich ihn im Gefängnis besuchte, hat mich ein sehr schlanker Boris Becker mit einem Lächeln im Gesicht begrüßt. Im Gespräch habe ich ihn dann erstaunlich aufgeräumt erlebt, wie jemand, der viel Zeit zum Nachdenken hatte. Und er war sehr emotional, insbesondere in den Momenten, in denen er über seine Zeit in der ersten Haftanstalt Wandsworth sprach.
Was ist Ihnen besonders von diesem Gespräch in Erinnerung geblieben?
Seine Beschreibung der ersten Tage im Gefängnis Wandsworth. Dort sitzen ja nicht nur Menschen ein, die finanzielle Straftaten begangen haben, sondern auch Sexualstraftäter, Mörder und Menschen, die große Raubüberfälle begangen haben. Boris Becker erzählte mir, dass er große Angst davor hatte, in einer Sammelzelle zu landen. In den ersten vier Tage war er aber allein, hatte keinen Kontakt zur Außenwelt und war rund um die Uhr eingeschlossen in seiner Zelle, mit einer Stunde Ausgang pro Tag. Er hat in dieser Zeit noch nicht mal geduscht, weil er nicht wusste, wie und wo das dort im Gefängnis überhaupt geht. Nach diesen ersten vier Tagen in Einzelhaft war für ihn das einzige Ziel, rauszukommen und zu arbeiten. Er wollte einfach nur an die frische Luft. Er hat gesagt, er hätte alles dafür gemacht.
Er hat in der Haft keinen Promibonus genossen.
Steven Gätjen
Wie haben Sie Boris Becker im Gespräch erlebt? Eher sprudelnd oder eher bedacht?
Er wirkte bedacht, aber ich hatte auch den Eindruck, dass er sich die Erlebnisse der letzten Monate von der Seele reden wollte. Und es war ihm extrem wichtig, klarzumachen, dass er in der Haft keinen Promibonus genossen hat.
Wie hat die Zeit im Gefängnis Boris Becker aus Ihrer Sicht geprägt?
Ich glaube, dass ihn die Haft, das Getrenntsein von Familie und Freunden, dieses komplett andere Leben, dazu gebracht haben, sein Leben wirklich zu reflektieren. Man muss sich bewusst machen: Boris Becker steht, seitdem er 17 Jahre alt war, im Rampenlicht. Und dann ist er plötzlich eingesperrt, kann nicht rausgehen, bekommt nur zweimal im Monat Besuch, ist gezwungen, sich in ein striktes Gefängnissystem einzufügen. Ich hatte auf jeden Fall den Eindruck, dass ihn diese Erfahrung wirklich mitgenommen hat.
Inwiefern hat sich auch Ihr persönlicher Blick auf Boris Becker durch das Treffen verändert?
Mir geht es wahrscheinlich so wie vielen: Ich kenne Boris Becker gefühlt schon mein ganzes Leben lang. Seinetwegen habe ich damals angefangen, Tennis zu spielen. Und ich hatte sogar diesen rot-blauen Tennisschläger, mit dem Boris gespielt hat. Er war ein Vorbild in Sachen Kampfgeist und mentale Stärke. Später habe ich als Journalist ein paar Mal mit ihm zusammengearbeitet und kann sagen: Er war und ist ein sehr charismatischer Mann. Bei unserem Treffen im Gefängnis hatte ich das Gefühl, dass jemand vor mir sitzt, der einen Neuanfang anstrebt.
Was für einen Menschen werden die Zuschauer:innen im "SAT.1 Spezial: Boris Becker" erleben?
Ich glaube, dass wir jemanden erleben werden, der sehr emotional und ehrlich über seine Zeit im Gefängnis sprechen wird, der aber auch sich und seine Situation intensiv reflektiert hat. Die letzten Wochen über hat ein wahnsinniger Druck auf Boris Becker gelastet. Er ahnte zwar, dass er entlassen wird, aber sicher war das nicht. Und dieses Gefühl, dieses Hoffen, habe ihn fast kaputt gemacht, sagte er. Er hat sich dauernd darum bemüht, dass er nicht negativ auffällt, dass er sich benimmt. Aber auf der anderen Seite hat er es sich selbst verboten, zu sehr an die Freiheit zu denken, um nicht möglicherweise überheblich zu werden und damit die Entlassung zu riskieren. Diese Last wird von seinen Schultern gefallen sein und ich glaube, dass er wirklich willens ist, aufzuräumen und viele Dinge klar zu stellen.
Warum war Boris Becker im Gefängnis?
Das SAT.1 Frühstücksfernsehen hat Hintergrundinformationen zum Thema Boris Becker zusammengestellt.
"SAT.1 Spezial. Boris Becker" - am Dienstag, 20. Dezember 2022, um 20:15 Uhr in SAT.1 und auf Joyn. Im Anschluss an das Interview zeigt SAT.1 die Dokumentationen "akte. Spezial: Boris Becker - Vom Helden zum Häftling" und "Boris Becker - Der Spieler".