Der Weg des Stroms
Wie funktioniert das deutsche Stromnetz?
Stromnetze schaffen eine Verbindung zwischen den einzelnen Kraftwerken und den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Durch die Netze wird die deutsche Stromversorgung gewährleistet. Um einen sicheren Transport und einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, gibt es Kontrollinstanzen. In diesem Ratgeber zeigen wir Ihnen als Verbraucherin und Verbraucher, wie das deutsche Stromnetz funktioniert.
Wie kommt der Strom vom Kraftwerk in den Haushalt?
Bis der Strom tatsächlich in die deutschen Haushalte gelangt, legt er einen weiten Weg durch das Stromnetz zurück. Hierbei passiert die Energie unterschiedliche Netze, die ihre eigenen Besonderheiten haben. In Deutschland wird der Transport von Strom in zwei verschiedene Netze unterteilt: in das Übertragungs- und das Verteilnetz.
Wie funktioniert der Transport über weite Strecken?
Wenn der Strom weite Strecken zurücklegen muss, geschieht dies mithilfe der sogenannten Übertragungsnetze. Der Strom wird hierbei in aller Regel über Freileitungen transportiert. Auf diesen Strecken setzen die Betreiber meist keine Erdkabel ein, wobei hierzu verschiedene Pilotprojekte in Deutschland laufen. Freileitungen sind außerdem kostengünstiger, sowohl durch ihre leichtere Errichtung, als auch durch ihre gute Zugänglichkeit. Störungen innerhalb der Leitung können daher schnell lokalisiert und ausgebessert werden. Nachteilig ist allerdings, dass sie anfälliger für Störfaktoren sind, wie zum Beispiel für Wettereinflüsse, insbesondere Unwetter.
Das deutsche Übertragungsnetz transportiert Höchstspannung unter der Aufsicht der vier größten Betreiber Deutschlands. Es handelt sich dabei um die Konzerne TransetBW, Amprion, 50Hertz Transmission und Tennet TSO. Gemeinsam bilden sie den deutschen Netzregelverband.
Welche verschiedenen Netze durchläuft der Strom?
Neben den Übertragungsnetzen gibt es in Deutschland noch Verteilnetze. Betreiber dieser Netze sind regionale Anbieter. Derzeit gibt es in der Bundesrepublik 887 solcher Betreiber. Im Verteilnetz ist eine Verbindung mittels Erdkabeln üblich. Diese haben den Vorteil, dass sie weniger Platz in Anspruch nehmen und auch Umwelteinflüssen weniger ausgesetzt sind. Allerdings ist der Bau einer solchen Verkabelung auch kostspieliger und die Wartungsarbeiten bzw. die Reparaturen bei einem Defekt sind schwieriger. Das liegt vor allem daran, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter zunächst einen Zugang zu den Erdkabeln freigelegen müssen.
Übertragungsnetze transportieren Höchstspannung, die Verteilnetze Hoch-, Mittel- und Niederspannung. Insgesamt fließt der Strom also durch vier Netze. Die Netze haben keine einheitlichen Spannungen, zeichnen sich jedoch durch unterschiedlich hohe bzw. niedrige Voltzahlen aus. Am höchsten fällt dabei das Höchstspannungs- bzw. Übertragungsnetz aus. Es transportiert Drehstrom mit 220 oder 380 Kilovolt.
Bei den Verteilnetzen sieht es anders aus. Üblicherweise transportieren die Betreiber in Deutschland hierbei Hochspannung mit 110 Kilovolt. Mittelspannungsnetze transportieren die Energie mit rund 20 bis 25 Kilovolt hauptsächlich in ländliche Gegenden sowie zu neu installierten Anlagen. Durch ältere Verkabelungen in der Stadt sind dort auch 10 Kilovolt gängig.
Die Niederspannungsnetze übertragen Energie mit 230 oder 400 Volt. Sie sind für Verbraucherinnen und Verbraucher das nächste Netz, denn von dort aus gelangt der Strom sofort in die deutschen Haushalte. Zusätzlich dazu liefern die Niederspannungsnetze die Energie auch in kleinere Betriebe. Im Bereich der Industrie sind auch Spannungen von 500 oder 690 Volt keine Seltenheit.
Was ist die Besonderheit der einzelnen Netze?
2014 war das deutsche Stromnetz insgesamt 1,8 Millionen Kilometer lang. Jedes einzelne Netz überträgt die Energie mit einer anderen Spannung. Doch das ist nicht der einzige Unterschied: jedes Netz hat eine andere Funktion.
- Übertragungsnetze leiten den Strom vom Kraftwerk zu Leitungstransformatoren im In- und Ausland. Diese befinden sich immer in der Nähe der Verbraucherinnen und Verbraucher. In Deutschland legt das Höchstspannungsnetz 35.000 Kilometer zurück.
- Verteilnetze mit Hochspannung sind dafür zuständig, die Energie grob zu verteilen. Sie liefern den Strom in die Industrie oder zu Umspannwerken größerer Regionen. Sie legen eine Strecke von 96.300 Kilometern zurück.
- Mittelspannungsnetze übernehmen die regionale Verteilung von Strom. Sie liefern die Energie zum Beispiel an Krankenhäuser oder örtliche Transformatorenstationen. Ihre Reichweite liegt bei fast 510.000 Kilometern.
- Niederspannungsnetze übernehmen den letzten Weg und leiten den Strom an die Haushalte weiter. Sie sorgen auch dafür, dass kleinere Betriebe mit Strom versorgt werden. Ihr Netz ist entsprechend lang, da es für viele kleine Verteilungen zuständig ist. Das Niederspannungsnetz legt in Deutschland daher fast 1,2 Millionen Kilometer zurück.
Was passiert an den Übergängen zwischen den Netzen?
Erst danach können die Betreiber zum Beispiel die Hochspannung in das Mittelspannungsnetz übertragen. Hierfür sind die Transformatoren nötig, welche die Spannung sozusagen herunterschrauben. Danach ist der Übergang des Stroms zwischen den einzelnen Netzen möglich. Sollte es sich um gleiche Spannungsebenen handeln, werden hierfür keine Transformatoren, sondern lediglich Schaltanlagen benötigt. Diese übertragen die Spannung in das andere Netz. Sie funktionieren ähnlich wie ein gewöhnlicher Schalter und bestätigen daher lediglich einen solchen Netzübergang. Eine Regulierung ist nicht nötig, da bereits dieselbe Spannung vorliegt und deshalb der Strom direkt übertragbar ist.
Wer sorgt für Netzstabilität in Deutschland?
In der Bundesrepublik sind die Netzbetreiber für eine stabile Übertragung verantwortlich. Sie betreiben nicht nur die Instandhaltung, sondern bauen die Stromleitungen auch aus und erneuern sie. Darüber hinaus sind die Netzbetreiber dafür zuständig, den Strom ordnungsgemäß zu verteilen. Ihre Aufgaben sind sogar im Energiewirtschaftsgesetz geregelt. Die Kontrolle über die Ausführungen behält die Bundesnetzagentur.
Welche technischen Gegebenheiten stabilisieren das Netz und wer ist dafür zuständig?
Da die Netzbetreiber jeder Person und jedem Unternehmen diskriminierungsfreien Zugang zum Netz bieten müssen, sind sie dazu verpflichtet, diese Tätigkeit von anderen Handelsgeschäften abzugrenzen. Sie kontrollieren also in erster Linie, dass der Stromfluss nicht gefährdet ist. Dies geschieht in den Geschäftsstellen, wo sie auf mehreren Monitoren den Ablauf überwachen. Auf den Überwachungscomputern sehen die Betreiber alle Störungen sowie die aktuellen Einspeisungen.
Hier gehen auch täglich bis 14:30 Uhr alle Informationen über die Kraftwerkseinsatzplanung ein. Das ist wichtig, damit am kommenden Tag genau so viel Strom eingespeist wie entnommen werden kann. Wenn die Erzeuger zu viel oder zu wenig Strom produzieren würden, käme es zu einem Ungleichgewicht. Das hätte zur Folge, dass das Stromnetz zusammenbricht. Eine solche Planung ist deshalb zwingend nötig und wird als Stromregulierung bezeichnet.
Überwacht wird dieser Vorgang zusätzlich von der Bundesnetzagentur. Diese verhindern und beseitigen unter anderem auch Hindernisse bei der Lieferung von Strom. Hinzu kommt, dass sie die Weichen für verbesserte Netzanschlüsse stellen.
Welche Schwankungen kann das Netz (gut) aushalten?
Grundsätzlich ist es so, dass die Netzfrequenz in den Kraftwerken nur minimal vom vorgegebenen Wert abweichen darf. Selbst kleinere Schwankungen führen sonst zu einem großen Problem. Innerhalb der deutschen Kraftwerke ist es so, dass der produzierte Strom mit exakt 50 Umdrehungen pro Sekunde (Hertz) rotiert. Wenn dieser Wert unter 47,5 Hertz fällt, kann es sein, dass das Kraftwerk erhebliche Schäden davonträgt.
Aus diesem Grund sind die deutschen Kraftwerke so konzipiert, dass sie sich bei Erreichung dieses Werts automatisch vom Netz trennen. Als Faustregel gilt deshalb, dass sich die Netzfrequenz lediglich um rund 0,05 Hertz verändern darf.
Was kann in welchem Netz passiert sein, wenn der Strom ausfällt?
Wenn Strom ausfällt, hat es immer etwas mit einer Unterbrechung im Kreislauf zu tun. Kommt es zu einer kurzen Unterbrechung, fällt der Strom in der Folge sofort aus. Es ist je nach Netz unterschiedlich, wer vom Stromausfall betroffen ist.
Kommt es zu einem Stromausfall im Niederspannungsnetz, betrifft dies die Haushalte direkt. Mögliche Gründe sind Stromunterbrechungen in den Transformatorenstationen oder eine Beschädigung an der Freileitung.
Fällt der Strom im Mittelspannungsnetz aus, sind meist ganze Ortschaften betroffen. Hier liegt der Grund häufig in Unterbrechungen durch Bauarbeiten, in Blitzeinschlägen in die Freileitungen oder in Kurzschlüssen im Bereich der Oberleitungen. Krankenhäuser versorgen sich in einem solchen Szenario mit eigenen Notstromaggregaten. Das ist notwendig, da die Netzbetreiber bei einem völligen Ausfall keinen Notstrom liefern können.
Sollte der Strom flächendeckend für Regionen oder gesamte Städte ausfallen, kann dies zum Beispiel an einer zu hohen Netzbeanspruchung liegen. Auch ist es möglich, dass Kraftwerke für die Stromlieferung ausgefallen sind oder außergewöhnliche Wetterbedingungen den Stromausfall herbeigeführt haben.
Wer ist für die Problemlösung zuständig?
Immer dann, wenn der Strom ausfällt, müssen sich die jeweiligen Netzbetreiber darum kümmern, da sie für eine ordnungsgemäße Belieferung zuständig sind. Sie müssen sich schnellstmöglich dafür einsetzen, dass die Ursache für die Unterbrechung gefunden wird. Anschließend müssen sie sich darum kümmern, dass dieses Problem schnell behoben wird, damit der Strom wieder ohne Unterbrechungen fließen kann.
Sollte es bei den Verbraucherinnen oder Verbrauchern durch Stromausfälle zu Schäden kommen, etwa in Form von defekten Gerätschaften oder gar im Falle von gesundheitlichen Problemen, so können sie Schadensersatz einfordern. Der Bundesgerichtshof hat allerdings entschieden, dass der Schaden bei mindestens 30 Euro liegen muss, außerdem müssen die Betroffenen den Schaden am Gerät durch den Stromausfall nachweisen können. Schäden sollten die Kundinnen und Kunden demzufolge dokumentieren und schnellstmöglich einreichen. Eine Schadensobergrenze liegt bei 5.000 Euro.
Verbraucherinnen und Verbraucher können sich mit einer Haushalts- oder Gebäudeversicherung und einer entsprechenden Klausel gegen Stromausfall versichern lassen.
Wie kommt es, dass manche Stromausfälle nur wenige Minuten dauern und manche mehrere Stunden?
Je nachdem, um welches Problem es sich handelt, können Stromausfälle nur wenige Minuten oder gar mehrere Stunden dauern. Dies hängt in erster Linie davon ab, um was für eine Art des Stromausfalls es sich handelt.
Fällt der Strom für wenige Sekunden aus, sprechen die Betreiber von Netzwischern, wie es beispielsweise bei Blitzeinschlägen der Fall ist. Tritt eine kurzzeitige und unvorhersehbare Spannungsabsenkung auf, kommt es zu einem Brown-Out oder Sag. Diese Szenarien sind in Deutschland jedoch selten und kommen manchmal kurz vor einem Totalausfall zustande.
Minuten- oder gar stundenlange Stromausfälle sowie Totalausfälle bezeichnen die Energieexperten als Blackouts. Sie kommen immer dann zustande, wenn es zu einem kompletten Spannungsausfall kommt, wie zum Beispiel bei extremen Witterungsbedingungen im Winter.
Die Bundesnetzagentur hat 2014 allerdings weniger Unterbrechungen im Stromnetz festgestellt. So gab es nur knapp 174.000 längere Stromausfälle von mehr als drei Minuten. Im Vorjahr lag diese Zahl noch bei 179.000. Insgesamt ist dies die niedrigste Unterbrechungsrate seit 2006, wo die Ausfälle erstmals erfasst worden sind. Das lag vor allem am milden Winter.
Wie sind die Stromnetze verschiedener Länder miteinander verbunden?
Strom wird von den Kraftwerken aus nicht nur ins inländische Netz eingespeist, sondern überschreitet auch Grenzen. Aus diesem Grund gibt es an der Leipziger Energiebörse zum Beispiel auch Im- und Exporte.
Welche Netzarten überschreiten Ländergrenzen?
Übertragungsnetze sind dafür gemacht, auch Ländergrenzen zu überschreiten. Das bietet sich schon allein dank der Freileitungen an. Diese Leitungsart ist nämlich auch im Landesinneren dazu da, weite Strecken zurückzulegen. Das gilt deshalb auch für das Ausland. Jedoch gibt es hier eine Besonderheit, und zwar in Form spezieller Leitungen. Sogenannte Kuppelleitungen übertragen Energie aus dem deutschen Höchstspannungsnetz in das europäische Verbundnetz.
Auf diese Weise können Strommengen auch zwischen den europäischen Ländern ausgetauscht werden. Das ist vor allem vor dem Hintergrund der Netzstabilität sinnvoll. Über die Börse können die Konzerne nämlich täglich bereits kleinere Strommengen verschieben. Auf die Ressourcen aus dem Ausland zurückzugreifen bzw. international Strom zur Verfügung zu stellen, dient also der sicheren Netzplanung.
Wie ist die Zuständigkeit organisiert?
Auch hier sind die Netzbetreiber dafür verantwortlich, den Strom an die Grenze zu leiten. Dort wird er dann mittels Kuppelleitungen an das ausländische Netz weitergegeben. Für Störungen im inländischen Netz sind die deutschen Netzbetreiber verantwortlich, für Störungen im Ausland die europäischen Netzbetreiber.
Innerhalb der Bundesrepublik sind die oben genannten vier großen Übertragungsnetzbetreiber zuständig. Diese stellen ihre Netze für den grenzübergreifenden Stromhandel zur Verfügung. Dafür erheben sie von den Stromanbietern eine Netznutzungsgebühr.
Wie funktioniert der Im- und Export von Strom?
Es ist wichtig, dass Strom überhaupt exportiert bzw. importiert wird, denn bei einer Über- oder Unterproduktion würde es andernfalls zum Zusammenbruch des Stromnetzes kommen. Das liegt daran, dass es noch keine ausreichenden Speichermöglichkeiten für Strom gibt. Deshalb ist es sinnvoll, den Strom mit dem Ausland auszutauschen.
Das geschieht an der Strombörse oder im OTC-Verfahren. Im ersten Fall können die Anbieter Strommengen kurzfristig hinzukaufen bzw. abgeben und im zweiten Fall langfristig erwerben bzw. verkaufen. Hier schließen die in- und ausländischen Anbieter bzw. Erzeuger direkte Vereinbarungen ab. Für den Stromfluss sind dann die Netzbetreiber verantwortlich, deren Überwachung die Bundesnetzagentur übernimmt.
Deutschland exportiert dabei mehr Strom, als es importiert. Das Statistische Bundesamt gab bekannt, dass Deutschland allein 2012 fast 67 Terawattstunden Strom exportiert hat. Demgegenüber steht nur eine Importmenge von knapp 44 Terawattstunden.
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