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Wahlen in Sachsen und Brandenburg

CDU gewinnt in Sachsen, SPD in Brandenburg

  • Veröffentlicht: 02.09.2019
  • 00:00 Uhr
  • dpa
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Fast 30 Jahre nach der Einheit fahren die Rechtspopulisten von der AfD im Osten historische Ergebnisse ein. Die CDU kann ihre Macht in Sachsen trotzdem verteidigen. Und auch die SPD in Brandenburg wird wohl weiterregieren. Königsmacher dürften die Grünen werden.

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Aufatmen bei den Regierungsparteien trotz Rekordergebnissen für die AfD: Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen gewonnen, die SPD hat sich in Brandenburg behauptet. Die AfD wurde aber am Sonntag in beiden Ländern zweitstärkste Kraft, während die langjährigen Regierungsparteien auf historische Tiefstände stürzten. Sie müssen sich nun nach neuen Koalitionspartnern umschauen. Zum Königsmacher könnten die Grünen werden. Sie legten zwar zu, blieben aber hinter den Erwartungen zurück.

Nachdem Umfragen lange Zeit in beiden Ländern ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Regierungsparteien mit der AfD vorausgesagt hatten, reagierten die Spitzenkandidaten erleichtert. «Das freundliche Sachsen hat gewonnen», sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der Brandenburger Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) sagte: «Ich bin erstmal froh, dass das Gesicht Brandenburgs auch in Zukunft ein freundliches bleiben wird.»

In Sachsen, in den letzten fünf Jahren von CDU und SPD regiert, könnte es nun auf eine sogenannte Kenia-Koalition von CDU, SPD und Grünen hinauslaufen. Im zuletzt rot-rot regierten Brandenburg reicht es nach dem vorläufigen Ergebnis des Wahlleiters knapp für ein rot-grün-rotes Bündnis. Grünen-Bundeschef Robert Habeck sagte «schwierigste Verhandlungen» voraus. Das Ergebnis sei aber ein «klarer Auftrag, eine andere, eine weltoffene Regierung zu bilden in beiden Bundesländern, aber vor allem in Sachsen».

Erleichterung auch im Bund: In Berlin dürfte sich die wackelige große Koalition vorerst stabilisieren, wenn die Regierungschefs an der Macht bleiben. Allerdings dürften die Debatten über die Ausrichtung von Union und SPD lauter werden. In der Union sorgt vor allem die Strategie im Umgang mit der AfD immer wieder für Diskussion.

In allen ostdeutschen Ländern hat sich die AfD nun auf den zweiten Platz geschoben - außer in Thüringen, wo am 27. Oktober ein neuer Landtag gewählt wird. Dort ist sie in den Umfragen aktuell drittstärkste Kraft hinter den regierenden Linken und der CDU.

Großer Verlierer der Landtagswahlen ist die Linke, die in beiden Ländern ihre schlechtesten Ergebnisse seit 1900 einfuhr. Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, forderte eine Strategiedebatte. «Offensichtlich werden wir nicht mehr als die erste Adresse der Ostinteressen-Vertretung angesehen», sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Erfreulich: In beiden Bundesländern stieg die Beteiligung im Vergleich zur letzten Landtagswahl 2014 deutlich an: in Sachsen von 49,1 auf 65,5 Prozent, in Brandenburg von 47,9 auf 60,5 Prozent

SACHSEN

Die seit 1990 regierende CDU rutscht auf einen neuen Tiefstand, nach Auszählung aller Wahlkreise erreicht sie nur noch 32,1 Prozent (2014: 39,4). Kretschmer hatte das Amt des Ministerpräsidenten 2017 von Stanislaw Tillich übernommen, der nach dem desaströsen Ergebnis bei der Bundestagswahl 2017 zurückgetreten war. Damals war die AfD in Sachsen knapp vor der CDU stärkste Kraft geworden.

Nun kommt die rechtspopulistische Partei den Hochrechnungen zufolge auf 27,5 Prozent (2014: 9,7). Das ist bundesweit ihr bestes Landtagswahlergebnis überhaupt. Allerdings konnte die AfD die CDU - anders als zuletzt bei der Europawahl - diesmal nicht überholen. Sie löst aber die Linke klar als zweitstärkste Kraft ab.

Die SPD von Spitzenkandidat Martin Dulig fällt in Sachsen laut Hochrechnungen auf 7,7 Prozent (2014: 12,4) und fährt damit das bundesweit schlechteste Landtagswahlergebnis ihrer Geschichte ein. Die Grünen steigern sich im Freistaat auf 8,6 Prozent (2014: 5,7 Prozent), die Linke fährt mit 10,4 Prozent das schlechteste Ergebnis seit der Einheit 1990 ein (2014: 18,9). Die FDP verpasst mit 4,5 Prozent (2014: 3,8) erneut den Sprung in den Landtag (2014: 3,8).

Rechnerisch möglich wäre damit auf jeden Fall eine Kenia-Koalition von CDU, SPD und Grünen. In Sachsen-Anhalt regiert seit 2016 ein solches Bündnis. Eine Koalition mit AfD und Linken hat Kretschmer ausgeschlossen.

Für Unsicherheit sorgte am Abend aber noch das sächsische Wahlrecht und die gerichtlich verfügte Begrenzung der Zahl der AfD-Listenkandidaten auf 30 Mandate. Mehrere AfD-Politiker, die nicht auf den ersten 30 Plätzen der Landesliste waren, gewannen Direktwahlkreise, so dass die Partei auf mehr als 30 Sitze im Parlament kommt.

Der Landtag hat regulär 120 Sitze. Es sind aber Überhang- und Ausgleichsmandate möglich, daher gab es in der abgelaufenen Legislaturperiode 126 Abgeordnete. Das Institut Infratest dimap ging laut ARD am Abend von nur 116 Sitzen aus. Demnach würde es für die Zweierbündnisse Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün definitiv nicht reichen.

BRANDENBURG

In Brandenburg wurde das rot-rote Bündnis von Woidke abgewählt. Die SPD könnte jedoch äußerst knapp in einer rot-grün-roten Koalition weiterregieren. Regierungen von SPD, Grünen und Linken gibt es bereits in Bremen, Berlin und Thüringen - dort allerdings unter Führung der Linken. Nach dem vorläufigen Ergebnis wäre rechnerisch aber auch ein Bündnis der SPD mit CDU und Freien Wählern oder mit CDU und Grünen möglich.

Wie in Sachsen erleidet auch die SPD in Brandenburg historische Verluste. Die Sozialdemokraten rutschten in ihrem ostdeutschen Stammland auf 26,2 ab (2014: 31,9). Die AfD mit ihrem radikal rechten Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz landet mit 23,5 Prozent knapp dahinter (2014: 12,2).

Die in Brandenburg traditionell schwache CDU fällt mit 15,6 Prozent (2014: 23,0) auf ihr schlechtestes Landesergebnis und rangiert nun - wie schon bei der Europawahl im Mai - hinter der AfD auf Platz drei. Auch die bisher mitregierenden Linken brechen ein, sie kommen nur noch auf 10,7 Prozent (2014: 18,6). Die Grünen fahren mit 10,8 Prozent nicht nur ihr bestes Ergebnis in Brandenburg, sondern überhaupt in einem ostdeutschen Flächenland ein (2014: 6,2).

Die FDP verpasst mit 4,1 Prozent (2014: 1,5) die Rückkehr ins Parlament. Die Freien Wähler kommen auf 5 Prozent und ziehen damit in den Landtag ein.

BUND

Insgesamt haben die Landtagswahlen fast 30 Jahre nach der Einheit zu starken politischen Verschiebungen in Ostdeutschland geführt. Große Verlierer sind CDU, SPD und Linke, großer Gewinner ist die AfD. Bei der Landtagswahl in Thüringen am 27. Oktober könnte sich dieser Trend fortsetzen. 2014 erzielte die Linke dort ihr historisch bestes Ergebnis mit 28,2 Prozent, seither regiert Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mit SPD und Grünen.

Union und SPD im Bund können damit erst einmal durchatmen. Der Burgfrieden dürfte aber nur kurz anhalten. Sowohl in der SPD als auch in der CDU gibt es Personaldebatten. Bei der CDU dürfte die Kritik der besonders konservativen Werteunion an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer nicht verstummen.

Für Unruhe in der großen Koalition sorgt auch der Entscheidungsprozess in der SPD über den neuen Vorsitz - gut möglich, dass bei dem entscheidenden SPD-Parteitag Anfang Dezember die Neuwahl der Spitze mit einem Ausstieg aus der Koalition verknüpft wird. Eine vorgezogene Neuwahl im kommenden Jahr wäre die Folge.

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