Aufschrei in Italien
Grausame Mafia-Kriege: Heftige Kritik an deutschem Brettspiel "La Famiglia"
- Veröffentlicht: 23.01.2025
- 13:52 Uhr
- Stefan Kendzia
Brettspiele sollen Spaß machen und unterhalten. Das Spiel "La Famiglia – der große Mafia-Krieg" löst allerdings heftige Diskussionen in Italien aus: Spieler:innen würden mit grausamen Mafiamethoden konfrontiert und simulieren im Spielablauf den Mafia-Krieg der 80er-Jahre auf Sizilien.
Dass ein Brettspiel einmal solche Diskussionen zur Folge haben könnte, daran hat die deutsche Firma "Boardgame Atelier" sicher nicht gedacht, als es "La Famiglia - der große Mafia-Krieg" entwickelt hat. Zudem wurde das Spiel mit dem prestigeträchtigen Award "As d'Or 2024" ausgezeichnet. Der spielerische Umgang mit der Mafia allerdings hat nun ethische und moralische Fragen aufgeworfen.
Mit Autobomben Kontrolle über Sizilien übernehmen
Ein Spiel, das für mächtig Kontroversen sorgt, kommt aus Deutschland. "La Famiglia" wird vom Entwickler selbst als "ein Konfliktspiel vor dem Hintergrund einer Mafiafehde auf Sizilien" beschrieben und erst vor kurzer Zeit ins Italienische übersetzt.
Dem Spiel zugrunde liegen sechs verschiedene Mafiafamilien, die durch die Spieler:innen kontrolliert werden sollen. Mit Autobomben und anderen Methoden kämpfen die Familien gegeneinander, mit dem Ziel, die Kontrolle über Sizilien zu übernehmen und "so viele Regionen wie möglich zu beherrschen", wie "The Guardian" berichtet. Zum Hintergrund: In den 1980er-Jahren herrschten auf Sizilien erbarmungslose Mafia-Kämpfe, bei denen allein in den ersten beiden Jahren des Jahrzehnts über 1.000 Menschen, darunter viele Zivilist:innen, getötet wurden.
Ein Spiel, das Menschen verunglimpft
"Ich verstehe nicht, wie es möglich ist, dass sich jemand dieses Spiel ausgedacht hat, das mit den Gefühlen derjenigen spielt, die im Dienste des Staates ihr Leben verloren haben", so Maria Falcone, Schwester des ermordeten Anti-Mafia-Richters Giovanni Falcone, zum "Corriere della Sera". "Die Mafia hat in Sizilien und Italien nur Tod geschaffen. Ein Spiel wie dieses beleidigt das Andenken all derer, die dazu beigetragen haben, dieses Land [vom organisierten Verbrechen] zu befreien."
"La Famiglia" verharmlost Gewalt
Das Spiel selbst macht auch in höchsten politischen Kreisen mächtig Wirbel. Alessandro De Leo, Politiker der vom verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi gegründeten Partei Forza Italia, sah sich veranlasst, einen Brief an Renato Schifani, den Präsidenten der Region Sizilien, zu schreiben. Und zwar mit der Bitte, die Vermarktung des Brettspiels anzuprangern, da es die Geschichte der organisierten Kriminalität in Sizilien trivialisieren würde.
"Es ist inakzeptabel, dass ein kriminelles Phänomen mit seiner Last an Gewalt und Leid in ein Brettspiel verwandelt wird", erklärte De Leo. "Dieses Produkt verletzt nicht nur die Würde der Sizilianer, sondern entwürdigt auch das tägliche Engagement von Millionen Bürgern, die in unserer Region für Legalität und Gerechtigkeit kämpfen. Noch gravierender ist in jeder Hinsicht die Verharmlosung gewalttätiger Elemente wie der Verwendung von Autobomben auf einfache Spielmittel.“
Schifani solle auf Aufforderung De Leos "alle möglichen Maßnahmen prüfen, um der Ausbreitung dieses Spiels entgegenzuwirken, und dabei dem Beispiel der Unternehmen und Verbände zu folgen, die bereits gegen die Vermarktung von Produkten mobilisiert haben, die das Mafia-Phänomen verharmlosen."
- Verwendete Quellen:
- The Guadian: "Outcry in Italy over German board game based on Sicily’s mafia wars"
- Boardgame Atelier: "La Famiglia"