Nahost-Konflikt
Hamas stellt Geisel-Deal nach israelischem Luftangriff infrage
- Veröffentlicht: 14.07.2024
- 11:57 Uhr
- Babette Büchner
Gibt es noch die Chance auf einen Geisel-Deal? Nach einem neuen israelischen Luftangriff im Süden des Gazastreifens stellt die Hamas ein mögliches Abkommen dazu infrage. Dutzende Menschen waren bei dem Angriff getötet worden.
Das Wichtigste in Kürze
Nach einem israelischen Luftangriff im Süden des Gazastreifens sind die Aussichten auf eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln der Hamas ungewiss.
Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei dem Luftangriff mindestens 90 Menschen getötet.
Der Militärchef der Islamisten Mohammed Deif war laut Hamas nicht unter den Toten.
Alle Optionen seien offen, einschließlich des Abbruchs der indirekten Verhandlungen, sagte der Vize-Vorsitzende der Islamistenorganisation, Chalil al-Hajja, dem arabischen Fernsehsender Al Dschasira. Ihr militärischer Anführer im Gazastreifen, Mohammed Deif, sei bei dem israelischen Angriff nicht getötet worden, erklärte die Hamas. "Mohammed Deif geht es gut, und er befiehlt weiterhin den Widerstand gegen den israelischen Feind", sagte auch der Hamas-Funktionär Ali Barakeh der Deutschen Presse-Agentur in Beirut. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig verifizieren.
Netanjahu: "Noch keine absolute Gewissheit"
Nach Angaben der israelischen Armee war Deif das Ziel des Angriffs westlich der Stadt Chan Junis. Man prüfe noch, ob Deif sowie Rafa Salama, der Kommandeur der Chan-Junis-Brigade der Hamas, bei dem Luftschlag ums Leben gekommen sind, hieß es vom Militär. "Es besteht noch keine absolute Gewissheit", sagte Netanjahu vor der Presse in Tel Aviv. Die Hamas-Männer sollen "Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober" in Israel gewesen sein.
Israels Armee spricht von einem präzisen Angriff. Er wurde demnach in einem eingezäunten Gebiet durchgeführt, das von der Hamas kontrolliert wird und in dem sich nach Armee-Informationen nur Hamas-Terroristen und keine Zivilisten aufhielten. Palästinensischen Angaben zufolge wurden bei dem Luftangriff mindestens 90 Menschen getötet und mindestens 300 weitere Menschen verletzt.
Im Video: Tausende ultraorthodoxe Juden protestieren in Israel gegen Wehrpflicht
Ein Vertreter des israelischen Militärs räumte in einem Online-Briefing ein, dass das getroffene Objekt in der von Israel so deklarierten humanitären Zone westlich der Stadt Chan Junis im Süden Gazas gelegen habe. "Es war aber eine abgezäunte, bewachte Hamas-Basis, besetzt mit Terroristen", fügte der Armeevertreter hinzu. Das Militär sei sich auch sehr sicher, dass sich zum Zeitpunkt des Angriffs keine israelischen Geiseln dort befunden hätten.
Seit Monaten wird über ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln sowie palästinensischer Gefangener verhandelt. Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, Daniel Barnea, wolle in den nächsten Tagen zu einer weiteren Gesprächsrunde in die katarische Hauptstadt Doha reisen, meldete der israelische Rundfunksender Kan. Die Planungen für die indirekten Verhandlungen scheinen durch den jüngsten Versuch Israels, den Hamas-Militärchef zu töten, vorerst nicht gekippt worden zu sein, schreibt die israelische Zeitung "Haaretz".
Weitere Demonstrationen in Israel
In Israel demonstrierten derweil erneut Tausende Menschen für ein Abkommen, um die noch rund 120 Geiseln in der Gewalt der Hamas nach Hause zu bringen. Die Teilnehmer der Kundgebungen in Tel Aviv und Jerusalem warfen Regierungschef Netanjahu vor, die indirekten Verhandlungen zur Erzielung einer solchen Vereinbarung zu sabotieren. "Wir fordern, dass Sie aufhören, das Abkommen zu sabotieren, wir fordern, dass Sie das Abkommen unterzeichnen", wurde die Mutter einer Geisel von israelischen Medien zitiert. "Netanjahu macht die Geiseln fertig", stand auf einem riesigen Transparent, das Demonstranten in Tel Aviv vor sich hertrugen.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa