Abschied von "Klimaklebern"
Kaum noch Aktionen: Ist die Letzte Generation am Ende?
- Aktualisiert: 24.01.2024
- 09:17 Uhr
- Kira Born
Seit ihrer Gründung vor zwei Jahren hatte die Protestgruppe Letzte Generation mit Straßenblockaden viel mediale Aufmerksamkeit erzielt. Jetzt ist es um die Gruppe ruhig geworden. Stellt sich Frust und Ermüdung in der Gruppierung ein?
Das Wichtigste in Kürze
Seit zwei Jahren kleben sich die Aktivist:innen in Blockaden auf die Straße, jetzt aber lässt ihr Aktionismus nach.
Führungsprobleme und gesellschaftlicher Rückhalt fehlen der Klimabewegung.
Wird sich die Letzte Generation wiederbeleben und in großem Stil Aktionen durchführen?
Eine Protestbewegung mit abnehmendem Aktionismus?
Sich selbst auf die Straße kleben, um für einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und Klimagerechtigkeit zu protestieren: Das war ein Teil der Leitgedanke der Letzten Generation. Durch ihre Aktionen waren sie lange im Fokus der medialen Aufmerksamkeit.
Am 24. Januar 2022 gründet sich die Letzte Generation und startet ihre Aktionen. 2023 führten die Aktivist:innen, laut der Polizei Berlin, allein in der Hauptstadt 550 Aktionen durch. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt sogar in 3.700 Fällen.
Doch aktuell ist die Gruppierung in den Hintergrund getreten. Was sind die Gründe?
Hat die Letzte Generation ihren finalen Atemzug getan?
Die Proteste der Bauern und die Demonstration gegen Rechtsextremismus in vielen deutschen Städten bestimmen zum Anfang des Jahres 2024 die Protestlandschaft. So ist es für die schwächelnde Bewegung noch schwieriger, medienwirksame Aktionen durchzuführen. Neben der großen Demonstration rücken die Kundgebungen der Letzten Generation weiter in den Hintergrund.
Zugunsten der Demo gegen Rechts sagte die Gruppierung auch die geplante Besetzung auf dem Ku'damm am 03. Februar in Berlin ab. Sie wollen "Hand in Hand gegen Rechts" stehen, hieß es in einem Statement der Letzten Generation. Die Mitglieder scheinen auch selbst das Abnehmen der Öffentlichkeit wahrzunehmen.
"Wir fragen uns, warum unsere Regierung den Protesten der Bauern so viel offener gegenübersteht als denen der Klimagerechtigkeitsbewegung", sagte Lina Johnsen, eine der Sprecherinnen der Gruppe. Damit stellt sich die Frage über den Fortbestand der Letzten Generation. Laut Protestforscher Dieter Rucht sei "die Bewegung stagniert, und das bedeutet, dass man künftig eine Abflachung erwarten kann."
Im Video: "Klima- oder Bauernprotest? Letzte Generation blockiert mit Mini-Traktor"
Klima- oder Bauernprotest? Letzte Generation blockiert mit Mini-Traktor
Kein Rückhalt mehr in der Bevölkerung?
Im Sommer 2021 gaben noch 68 Prozent der Befragten im ZDF-"Politbarometer" an, dass die Regierung und Politiker mehr für den Klimaschutz tun müssten. Zwei Jahre später sieht das Meinungsbild anders aus. In der gleichen Umfrage geben 2023 nur noch 48 Prozent an, dass die Regierenden mehr für den Klimaschutz tun müssten.
Ähnliches beobachten auch andere Institute, wie das Kantar Institut. Im Vergleich zu 2021 nahm die Unterstützung für Klimaproteste deutlich ab. 2021 gaben 68 Prozent der Studienteilnehmer an, Klima- und Umweltbewegungen zu befürworten. 2023 gaben das nur noch 34 Prozent der Teilnehmenden an. Für Straßenblockaden der Letzten Generation hatten gerade einmal acht Prozent Verständnis.
Auch nimmt die öffentliche Wirkung der Klebeaktion ab, da die Polizei mittlerweile besser darauf vorbereitet ist, so der Soziologe Graeme Hayes von der Aston University in Birmingham. Laut Hayes ist auch die geringere Solidarisierung der Zivilgesellschaft ein Problem der Protestbewegung.
Auch interne Probleme belasten die Bewegung
Zwei zentrale Mitglieder der Letzten Generation verlassen die Gruppierung. Lea Bonasera und Henning Jeschke hatten im Sommer 2021 durch ihren wochenlangen Hungerstreik ein Gespräch mit dem späteren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erzwungen. Jeschke, einer der Mitgründer der Letzten Generation, verlässt im November 2023 das Führungsteam. Laut der Organisation möchte er sich international engagieren. Kurze Zeit später folgt ihm Bonasera.
"Heute morgen hat Lea Bonasera beschlossen, ihre Rollen niederzulegen und die Kampagne zu verlassen. […] Die Nachricht hat uns sehr aufgewühlt", erklärte die Letzte Generation.
"Die jetzige Entwicklung ist Teil einer absehbaren Erschöpfung und der Erkenntnis, dass man nicht auf Dauer mit derselben Intensität weitermachen" kann, stellt Protestforscher Rucht fest. "Aber es ist eben kein Durchbruch in Sachen Klimaschutz erzielt worden", so Rucht in Hinblick auf die Aktionen der Organisation.
- Verwendete Quellen:
- Rheinische Post: "Zwei Jahre 'Klimakleber' – ist die Letzte Generation am Ende?"
- Nachrichtenagentur dpa
- Tagesschau: "Der Kampf um Aufmerksamkeit"