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"America first"

Möglicher Sieg Trumps bei US-Wahlen: "Weckruf an die Koalition"

  • Veröffentlicht: 24.10.2024
  • 19:37 Uhr
  • Oliwia Kowalak
Donald Trump möchte mit seiner Politik, die US-Wirtschaft schützen.
Donald Trump möchte mit seiner Politik, die US-Wirtschaft schützen.© AP

Gewinnt der Republikaner Donald Trump die Präsidentschaftswahlen, wären Regierungen nicht darauf vorbereitet. Denn seine Strategien seien wirr und erpresserisch – und würden besonders der USA einen Dienst leisten. Expert:innen mahnen jedoch, dass die Ampelkoalition sowie Europa dadurch zur neuen Einigkeit finden könnten.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Einem Sieg des Ex-US-Präsidenten Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen stehen Politiker:innen kritisch gegenüber.

  • Trump ist bekannt für seinen isolativen, politischen Kurs, der transatlantischen Beziehungen schaden kann.

  • Expert:innen sehen darin jedoch eine Chance: Denn ein Sieg könnte die zerstrittene Ampelkoalition und die EU zu neuer verbündeter Kraft bewegen.

Am 5. November richten sich alle Augen des Globus auf die Vereinigten Staaten von Amerika. Der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl kann mit dem möglichen Wechsel vom Demokraten Joe Biden zum Republikaner Donald Trump politischen und wirtschaftlichen Kurs Europas beeinflussen. Zeigen sich die Demokraten mit Kandidatin Kamala Harris offen für die Pflege bilateraler Beziehungen und die Zusammenarbeit mit Handelspartnern, möchte Ex-Präsident Trump einen eher abgeschotteten Kurs fahren – und bringt Europa damit dazu, sich existenzielle und strategische Fragen zu stellen. Denn die kränkelnde Wirtschaft und die Sicherheitslage angesichts des Ukraine-Krieges machen Partner wie die USA zu einem wertvollen Verbündeten.

Für Deutschland könnte sich ein Sieg Trumps laut Expert:innen überraschenderweise auch als vorteilhaft erweisen, wie "Politico" am 24. Oktober berichtet. "Eine Wahl Trumps könnte ein Weckruf für die Koalition sein, sich in den drängenden außenpolitischen Fragen endlich zu einigen", sagte Dominik Tolksdorf, Experte für die transatlantischen Beziehungen bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Die zerstrittene Ampelkoalition hätte womöglich dann ernsthafte Motivationen, sich in entscheidenden Fragen einig zu zeigen. "Der Druck zur Zurückhaltung [innerhalb der Koalition] wäre größer", so der SPD-Politiker Ralf Stegner.

Im Video: Nach einem Wahlsieg: Trump will Deutschland "die Arbeitsplätze wegnehmen"

Rückkehr der "Monroe-Doktrin": Trump auf Isolationskurs

Der Republikaner Donald Trump hat sich in seiner ersten Amtszeit bereits zu der sogenannten "Monroe-Doktrin" bekannt: "Es ist die offizielle Politik unseres Landes seit Präsident Monroe, dass wir die Einmischung fremder Nationen in dieser (westlichen) Hemisphäre und in unsere eigenen Angelegenheiten ablehnen", sagte er bei einer Rede der Vereinten Nationen im Jahr 2018.

Die "Monroe-Doktrin" wurde vom 1817 gewählten Präsidenten der Vereinigten Staaten, James Monroe, ins Leben gerufen. Der fünfte US-Präsident erklärte, dass die westliche Hemisphäre frei von Einmischungen durch äußere Mächte sein sollte. Er wurde gewählt, als die USA mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte, wie auch heute. Denn der amerikanische Markt wurde mit billigen Produkten aus Europa, speziell, Großbritannien geflutet. Dies führte zur raschen Zerstörung der heimischen Industrie. Der US-Kongress entschied daraufhin zum Schutz der Wirtschaft drastisch hohe Zölle auf aus dem Ausland importierte Produkte zu erheben. Die Folge: Ein starker Aufstieg der US-Wirtschaft.

Heute begegnen westliche Staaten ähnlichen Problemen: Wegen Chinas Aufstieg auf dem globalen Markt schwächelt die US-Industrie – wie zur Zeit Monroes. Das Preisdumping der asiatischen Supermacht bringt besonders die Automobilindustrie des Westens – das historische Steckenpferd der Hemisphäre – ins Wanken. Der ehemalige Präsident Donald Trump hat dafür eine historisch erprobte Lösung parat: Zölle. Und diese richten sich nicht nur gegen die Volksrepublik, sondern auch gegen Europa. Mitunter auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA gab es Aufschläge, Europa reagierte mit Gegenzöllen – ein transatlantischer Handelskrieg könnte das Ergebnis dieser Politik sein.

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Was die US-Wahl für die deutsche Autoindustrie bedeutet
News

Deutsche Autobauer besorgt

Welche Folgen hätte ein Trump-Sieg bei den US-Wahlen 2024 für BMW, VW und Co?

Deutsche Autobauer zeigen sich mit Blick auf die in knapp drei Wochen anstehende US-Wahl besorgt: Der republikanische Kandidat Donald Trump droht ihnen, Strafzölle zu verhängen, wenn sie weiter im Nachbarland Mexiko produzieren.

  • 16.10.2024
  • 14:11 Uhr

Düstere Prognose: Trump könnte Deutschland 180 Milliarden kosten

Sollte Trump am 5. November siegen, plant der Republikaner mit seinem politischen Kurs eine Zollerhöhung um zehn, teilweise sogar 20 Prozent auf Einfuhren in die USA: nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) könnte dies einen vehementen Schlag gegen Deutschland bedeuten. Mit 180 Milliarden Euro Verlusten für die deutsche Wirtschaft rechnet das IW im Zuge der Realisierung dieser Pläne. Die USA war im ersten Halbjahr 2024 der wichtigste Handelspartner der EU.

Besonders mit Blick mit auf die geopolitischen Spannungen, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg und den Nahost-Konflikt, würden die Auswirkungen dieser Maßnahmen die Wirtschaft Europas schwer treffen. Die Berechnungen des IW haben ergeben, dass ein Verlust des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von mehr als 127 Milliarden Euro drohe – am Ende der zweiten Amtsperiode Trumps könnte das BIP demnach um 1,5 Prozent niedriger ausfallen.

"Ein transatlantischer Handelskrieg ist negativ für beide Seiten. Insbesondere für die deutsche Exportindustrie, die ohnehin in einer Krise steckt", kommentierte Studienautor Thomas Obst die Ergebnisse der IW Analyse. "Zudem muss beiden Partnern klar sein, dass eine Partnerschaft auf Augenhöhe die Position beider gegenüber China stärkt."

Im Video: Neuer Ampelstreit: Wieder reißt der Bundeshaushalt die Koalition in die Krise

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Trumps Sieg: Eine Chance für die Ampelkoalition?

Eine düstere Prognose – betrachtet man die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre. Für die Ampelkoalition wäre das Defizit fatal. Denn diese versucht seit dem Karlsruher Haushaltsurteil die entstandenen Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen. Mindestens 2,4 Milliarden Euro müssen für den Haushalt 2025 ausgeglichen werden, die CDU spricht von mehreren zehn Milliarden Euro.

Die Wirtschaftsleistung ist schwächer als angenommen (-0,2 Prozent), die Steuereinnahmen schrumpfen um 12,7 Milliarden Euro – und die Ampel schwitzt weiter der US-Wahl entgegen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) drohte bereits mehrfach mit einem Ausstieg aus der Koalition, sollten die Koalitionspartner der SPD und Grüne nicht sparsamer werden.

"Wenn der Druck von außen zunimmt – und wenn man davon ausgeht, dass das unter Donald Trump passieren würde – könnte ich mir vorstellen, dass Europa dann enger zusammenrückt", erklärte FDP-Abgeordnete Reinhard Houben zur angespannten Situation.

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Sicherheit Europas: Trump, die Ukraine und NATO

Bei einer weiteren Amtszeit des Republikaners droht auch das Sicherheitskonzept Europas zusammenzubrechen. Trump betonte in Interviews immer wieder, dass mit ihm als Präsidenten der Krieg in der Ukraine niemals ausgebrochen wäre. Der Unternehmer pflegt eine gute Beziehung zu Russlands Präsident Wladimir Putin, und hat der Ukrane zugesichert, einen "fairen" Frieden auszuhandeln.

So behauptet er, mit seinen Vermittlungen den Ukraine-Krieg in 24 Stunden beenden zu können. Historiker:innen meinen, dass Trump die Ukraine-Unterstützung einstellen würde und damit Wolodymyr Selenskyj zu Verhandlungen zwingen könnte. Eine andere Lösung wäre hier nicht denkbar. Und diese würde dann jedoch nicht in 24 Stunden durchgesetzt werden können.

Trump drohte zudem den NATO-Verbündeten, wenn sie nicht mindestens zwei Prozent des BIP für die Verteidigung ausgeben würden, diese nicht zu verteidigen. Das drängt Europa und die Ukraine in eine existenzielle Frage: Wie können wir strategisch unabhängiger werden? Trumps Regierung könnte mithilfe ähnlicher Ankündigungen künftig zunehmend mehr Druck auf Europa ausüben. Die Szenarien über die Methoden einer solchen Regierung sind vielseitig – aber man ist sich einig: auf einen Trump-Sieg sind die wenigsten Regierungen vorbereitet.

  • Verwendete Quellen:
  • americasquarterly.org: "Donald Trump and the Return of the Monroe Doctrine"
  • iwkoeln.de: "Trump oder Harris oder …? Worauf sich Europa einstellen muss"
  • arte.tv: "Trump/Harris: die Folgen für Europa"
  • ihk.de: "Handelsstreit USA-EU & USA-China: Listen der Zusatzzölle"
  • boerse.de: "Die Krise um die Second Bank of America (1819/1820)"
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