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Berichte enthüllen

Russische Demografie: Wissenschaftler sollen das Altern stoppen

  • Veröffentlicht: 03.09.2024
  • 18:30 Uhr
  • Oliwia Kowalak
Die Bevölkerungsentwicklung in Russland leidet unter den Folgen von Kriegen und Krankheiten.
Die Bevölkerungsentwicklung in Russland leidet unter den Folgen von Kriegen und Krankheiten.© imago/Sven Simon

In Russland bahnt sich eine demografische Katastrophe an. Der schwindenden Bevölkerung will der Kreml nun mit Investitionen in Biotechnologie entgegenwirken. Ärzte seien mitunter dazu aufgefordert, ihre Forschung auf die Bremsung des Alterungsprozesses zu verlagern. 

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Das Wichtigste in Kürze

  • Russland verzeichnet seit Jahren einen erheblichen Bevölkerungsrückgang, mitunter infolge des Ukraine-Krieges.

  • Anlässlich der alarmierenden Bevölkerungsentwicklung stellt Präsident Wladimir Putin ein staatliches Dekret in Aussicht.

  • Russische Ärzte wurden in diesem Rahmen dringend aufgefordert, an der Entwicklung medizinischer Mittel zur Bremsung des Alterungsprozesses zu arbeiten.

Offenbar ist Kreml-Chef Wladimir Putin zunehmend über die Bevölkerungsentwicklung in Russland besorgt. Ein in diesem Jahr angekündigtes staatliches Dekret des russischen Präsidenten soll die Lebenserwartung der Menschen in Russland bis 2030 auf 78 Jahre und bis 2036 auf 81 Jahre erhöhen.

Ein Brief an russische Forschungsinstitute sei von der Abteilung für Wissenschaft und innovative Entwicklung des Gesundheitswesens des russischen Gesundheitsministeriums bereits im Juni versandt worden sein. In diesem ordnete die Behörde Ärzte an, dringend Vorschläge zu unterbreiten, um die Gesundheit der russischen Bürger zu erhalten. Dies berichten die russischen Nachrichtenagenturen Meduza und Sistema am Montag, die eine Kopie des Dokuments erhalten haben. Geschehen soll dies durch das Hemmen des Alterns.

Schwindende Bevölkerung: Das demografische Drama Russlands

Die russische Demografie hat besonders wegen der Pandemie und dem Angriffskrieg gegen die Ukraine einen erheblichen Bevölkerungsschwund erleitten. So sollen seit 2020 rund zwei Millionen Russen mehr ums Leben gekommen sein. Laut dem Demografen Alexei Raksha, der früher für den staatlichen Statistikdienst tätig war, wurde im Jahr 2022 die niedrigste Geburtenrate seit dem 18. Jahrhundert registriert. Wie die UNO prognostiziert, könnte sich russische Bevölkerung innerhalb der nächsten 50 Jahre auf 120 Millionen Menschen schrumpfen - 2021 waren es den Erhebungen zufolge 145 Millionen Menschen.

Im Video: Immer mehr tote Soldaten - neue Zahlen zu Russlands Verlusten aufgetaucht

Geschuldet ist dies laut Berichten von "The Economist" nicht nur Krieg und Krankheit, sondern auch der Abwanderung - viele Russen befinden sich demnach im Ausland im Exil. Die Lebenserwartung russischer Männer im Alter von 15 Jahren sank um fast fünf Jahre. Die Bevölkerungsstruktur ändert sich infolgedessen. Die Zahl derMänner im kriegstüchtigen Alter nimmt weiter ab, so leben mindestens zehn Millionen mehr Frauen als Männer in Russland.

Daten des Föderalen Staatlichen Statistikdienstes Russlands erfassten zwischen Juli 2023 und Juni 2024 eine auf 73,24 Jahre gesunkene, durchschnittliche Lebenserwartung, wie die Kyiv Post schreibt. 

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Biotechnologie: Dringender Aufruf an Ärzte

Um eine demografische Katastrophe zu verhindern, versucht der Kreml nun den Alterungsprozess zu stoppen. Wie die stellvertretende russische Ministerpräsidentin Tatjana Golikowa im Mai mitteilte, liege deswegen das Hauptaugenmerk Russlands jetzt auf der Entwicklung "fortschrittlicher medizinischer Technologien", die die Lebenserwartung des Landes erhöhen würden.

Das angekündigte Putin-Dekret will einer Untersuchung zufolge bis 2030 "175.000 Leben retten". Ärzte seien in dem Schreiben des Gesundheitsministeriums aufgefordert worden, an der Entwicklung medizinischer Produkte zu arbeiten, die Belastung durch die zelluläre Alterung zu verringern, "und dabei das biologische Alter mit verschiedenen Methoden zu bewerten". Als Beispiele für Krankheiten sollen Sarkopenie, ein altersbedingter Muskelschwund, senile Asthenie, eine allgemeine körperliche Schwäche, die mit dem Alter einhergeht, und Osteoporose, eine systemische Skeletterkrankung genannt worden sein.

Darüber hinaus werde in dem Schreiben gebeten, an der Entwicklung "neuer Neurotechnologien und damit verbundener medizinischer Produkte zu arbeiten, die unter anderem auf die Prävention und Entwicklung kognitiver und sensorischer Störungen abzielen“ sowie "Methoden zur Korrektur des Immunsystems auf der Grundlage seiner identifizierten kritischen Indikatoren im Alter". Weiterhin hieß es, dass russische Ärzte auch an der Entwicklung "neuer Methoden medizinischer Technologien (einschließlich medizinischer Geräte) auf der Grundlage der Bioprinting-Technologie" arbeiten sollten.

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Ewiges Leben und das russische Genom

Von der Dringlichkeit des Briefes zeigten sich die betroffenen Ärzte überrascht: "Wir wurden gebeten, dringend alle unsere Entwicklungen zu schicken, und der Brief kam, sagen wir, heute an, aber alles musste gestern geschickt werden", sagte ein Arzt. "Um ehrlich zu sein, ist das das erste Mal in meinem Leben, dass ich so etwas erlebe - normalerweise gehen jedem nationalen Projekt oder FTP [föderales Zielprogramm] eine Reihe von Treffen mit der Teilnahme verschiedener Spezialisten und eine Art öffentliche Diskussion voraus", ergänzte er erstaunt.

Doch um die Finanzierung dieses Projektes soll es den russischen Medienberichten zufolge nicht zum Besten stehen. Der Regierung fehlten die Mittel, um Projekte dieser Größenordnung umsetzen zu können, so dem Kreml nahe stehende Quellen. "Die gesamte moderne Forschung, über die im nationalen Projekt gesprochen wird, ist ziemlich teuer - sie erfordert viel Geld und Aufwand. Die Entwicklung neuer Medikamente kostet Milliarden, kein nationales Projekt kann das bewältigen, schon gar nicht jetzt", teilte der Insider mit. "Ich glaube nicht, dass sie in der Lage sein werden, schnell etwas Sinnvolles auf die Beine zu stellen."

Wissenschaftler rund um den Kreml-Boss seien jedenfalls überzeugt von dem Vorhaben. Der Physiker und Mitglied einer Putin nahestehenden Elitegruppe, Mikhail Kovalchuk, "schwärmt vom ewigen Leben und dem 'russischen Genom'", bestätigten Quellen.  

  • Verwendete Quellen:
  • Newsweek.com: "Russian Scientists Told to Develop Cure for Aging: Reports"
  • The Economist: "Russia’s population nightmare is going to get even worse"
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