Lebensmittel-Hilfsorganisation
Tafeln hatten in diesem Jahr 50 Prozent mehr Zulauf als im Vorjahr
- Aktualisiert: 30.12.2022
- 17:52 Uhr
- Lena Glöckner
Laut dem Tafel-Bundesvorsitzenden hatte die Lebensmittel-Hilfsorganisation in diesem Jahr einen Mehrzulauf von 50 Prozent. Insgesamt kämen etwa zwei Millionen Menschen zu den Tafeln.
Der Zulauf bei der Lebensmittel-Hilfsorganisation "Die Tafel" hat im Krisenjahr 2022 stark zugenommen und die ehrenamtlichen Helfer:innen an die Belastungsgrenze gebracht. Das sagte der Bundesvorsitzende der Tafel Deutschland, Jochen Brühl, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Dieses Jahr sind im bundesweiten Durchschnitt etwa 50 Prozent mehr Menschen zu den Tafeln gekommen als im Jahr zuvor", so Brühl gegenüber dem RND. "Wir reden über etwa zwei Millionen Menschen, die zu den Tafeln kommen."
Die Tafeln seien auf diesen Ansturm nicht vorbereitet gewesen, sagte Brühl: "Zeitweise hatten in diesem Jahr rund 30 Prozent der Tafeln einen Aufnahmestopp", so der Tafel-Chef. Das habe zu großen Belastungen für die Ehrenamtlichen geführt. "Mehr als 60 Prozent der Helfenden haben in einer Umfrage angegeben, dass sie psychisch durch die ganze Situation sehr belastet sind", so Brühl. Er forderte deshalb Entlastungen von der Politik auch für Helfende: "Man könnte zum Beispiel Ehrenamtlichen, die eine bestimmte Stundenzahl nachweisen können, ein Verkehrsticket umsonst geben für ihr Engagement."
Brühl nimmt Regierung in die Pflicht: "Den Versorgungsauftrag hat der Staat"
Brühl nimmt bei der Versorgung Bedürftiger die Politik in die Pflicht: "Den Versorgungsauftrag hat der Staat", sagte er dem RND. Die mehr als 960 Tafeln in Deutschland würden nur unterstützend arbeiten. Er beobachte, dass das teilweise nicht mehr funktioniere. "Tafeln unterstützen manchmal nicht nur, sondern werden schon fest einkalkuliert." Das sei nie die Idee dahinter gewesen: "Wir sind mal angetreten, um Lebensmittel zu retten, die übrig sind, und diese an die Menschen weiterzugeben, die zu wenig haben", so Brühl.
Der Tafel-Chef rief die Politik zum Handeln auf: "In dieser Krise muss zielgerichteter geholfen werden. Wir müssen die Menschen, die zu wenig haben, jetzt unterstützen." Für Debatten etwa darüber, dass die Kluft zwischen Bürgergeld-Beziehern und Niedrigverdienern groß genug sein müsse, um einen Arbeitsanreiz zu schaffen, habe er kein Verständnis: "Wenn der Abstand zwischen dem, was wirklich gebraucht wird, und dem, was manche Leute wirklich verdienen, zu gering ist, dann sind die Niedriglohngruppen zu niedrig bezahlt", findet er.
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