Massenproteste in Deutschland
"Wie Fackelmärsche der Nazis": So reagiert die AfD auf die Demonstrationen gegen rechts
- Veröffentlicht: 23.01.2024
- 14:37 Uhr
- Damian Rausch
Die jüngsten Massendemonstrationen in Deutschland gegen Rechtsextremismus haben ein Signal für politisches Engagement und demokratische Werte gesetzt. Die Reaktionen der AfD sind vielsagend.
Das Wichtigste in Kürze
Über 900.000 Menschen demonstrierten allein am vergangenen Wochenende landesweit unter dem Motto "Demokratie verteidigen – Zusammen gegen rechts".
Ausgerechnet der rechtsextreme Thüringer AfD-Chef Björn Höcke vergleicht eine Kundgebung in Leipzig mit Aufmärschen der Nationalsozialisten.
AfD-Chefin Alice Weidel spricht erwartungsgemäß von einer "inszenierten Medienkampagne".
Über 900.000 Menschen gingen am vergangenen Wochenende in Deutschland auf die Straßen, um für Demokratie und gegen die rechtsgerichtete Alternative für Deutschland (AfD) zu demonstrieren.
Die Proteste unter dem Motto "Demokratie verteidigen - Gemeinsam gegen rechts" zogen durch das ganze Land. Besonders bemerkenswert war die Großkundgebung vor dem Reichstagsgebäude in Berlin am 21. Januar als Symbol des demokratischen Widerstands und der Geschlossenheit. In München kamen so viele Menschen, um gegen rechts zu demonstrieren, dass die Veranstaltung wegen Überfüllung vorzeitig beendet werden musste.
AfD-Reaktionen: Von Verharmlosung bis Verschwörung
Die AfD befindet sich also sichtbar in der Defensive. Ihre Vertreter:innen und andere Rechtsextremisten reagierten mit drei Strategien auf die Massenproteste, wie das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" schreibt: Verharmlosung, Diffamierung und Schließung der eigenen Reihen.
Martin Sellner, bekannt als ehemaliger Anführer der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, hat die bundesweiten Demonstrationen für Demokratie als "Systemaufmärsche" bezeichnet. Diese Charakterisierung ist Ausdruck seiner extremistischen Haltung, die auch bei einem Geheimtreffen von Rechtsextremisten am 25. November in Potsdam deutlich wurde. Über dieses Treffen, an dem neben Sellner auch AfD-Politiker, CDU-Mitglieder und Vertreter der konservativen Werteunion teilnahmen, hatte das Medienunternehmen Correctiv am 10. Januar berichtet. Sellner sprach dort von "Remigration", ein Begriff, mit dem Rechtsextreme die zwangsweise Rückführung von Menschen mit Migrationshintergrund fordern.
Gleichzeitig zog Björn Höcke, Fraktionschef der AfD in Thüringen und ebenfalls für seine rechtsextremen Ansichten bekannt, eine irreführende Parallele zwischen demokratischen Demonstrationen und historischen Naziaufmärschen. "Man hat zwar Taschenlampen, also Handyleuchten, in den Himmel gehalten. Aber es sah so ein bisschen aus wie 1933 die Fackelmärsche der Nazis", behauptete der Rechtsextremist.
AfD-Chefin Alice Weidel sprach bei X von einer "inszenierten Medienkampagne" und versuchte damit, die Glaubwürdigkeit der Demonstrationen zu untergraben.
Im Video: "AfD ist so stark, weil die Politik in Berlin so katastrophal ist“
Wagenknecht: "AfD ist so stark, weil die Politik in Berlin so katastrophal ist“
Machtkampf in der AfD: Radikale Teile fordern Einheit
Innerhalb der AfD gibt es laut "RND" auch Bestrebungen, interne Konflikte zu überwinden und geschlossen aufzutreten. Die Entscheidung von Weidel, ihren Referenten Roland Hartwig aufgrund seiner Beteiligung am Potsdamer Treffen auszuschließen, stieß demnach intern auf Kritik. Besonders die extremen Flügel der Partei drängen auf Einigkeit.
Hannes Gnauck, Leiter der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative und Bundestagsabgeordneter, äußerte sich deutlich auf der Plattform X: "Keine Distanzierungen mehr. Keinen Meter zurückweichen. Sie wollen am Ende uns alle kleinkriegen." Diese Äußerung erfolgte als Antwort auf die von Omid Nouripour, dem Vorsitzenden der Grünen, erhobene Forderung, die Junge Alternative zu verbieten. Gnauck fügte hinzu: "Sie werden die AfD nicht verbieten können. Deshalb will Nouripour das Vorfeld vom Staat zerschlagen lassen."
Söder: Massenproteste als "Weckruf" für die Ampel
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte die Demonstrationen mit Hunderttausenden Teilnehmern als gutes Signal gegen die AfD bezeichnet. Zugleich forderte er, die hohen Umfragewerte der AfD müssten ein Weckruf für die Ampel sein.
Ein AfD-Verbotsverfahren nannte Söder "in der Tat extrem schwierig, auch wenn es dem reinen Herzen sicherlich am leichtesten entsprechen würde". Seine Überlegungen, einen Ausschluss der AfD von der staatlichen Parteienfinanzierung anzustreben, bekräftigte er jedoch.
Die unmissverständliche Botschaft der Demonstrant:innen am Wochenende war jedoch klar: Deutschland steht für Demokratie, Toleranz und ein Miteinander, das extremistische Ideologien ablehnt.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa