Es begann in der Garage von Jeff Bezos
Amazon - Vom Onlinebuchhandel zum Internet-Giganten
- Aktualisiert: 22.12.2023
- 11:50 Uhr
- Michael Reimers
Amazon macht’s möglich: Per Mausklick kann man sich über die Webseite Bücher, Kleidung oder sogar eine komplette Schlafzimmereinrichtung nach Hause schicken lassen. Auch Filme und Serien stellt der Internet-Gigant bereit. Doch Amazon hat auch mit Problemen und Kritik zu kämpfen. Wie wurde aus der Garagenfirma der größte Onlinehändler der Welt?
Heute ist der Name Amazon jedem ein Begriff, dabei fing das Unternehmen ganz klein an. Und zwar in der Garage von Jeff Bezos. Am 5. Juli 1994 gründete der gelernte Informatiker die Firma in Seattle mit dem Ziel, einen elektronischen Buchladen, also eine Onlinebuchhandlung, zu entwickeln.
Damals fungierte er eigentlich als Vizepräsident der Investmentbank D.E. Shaw & Co, mit dessen Gründer David E. Shaw er zuvor an der Idee von Amazon gesessen hatte. Bezos verließ das Finanzunternehmen jedoch, um sich voll und ganz seiner neuen Karriererichtung zu widmen. Der Name Amazon lehnt sich an den des längsten Flusses der Welt an, dem Amazonas. Ein Jahr später, ein Meilenstein: Bezos verkaufte sein erstes Buch auf der von ihm entwickelten Webseite. "Fluid Concepts and Creative Analogies" war der Titel des Schriftwerks von Douglas R. Hofstadter.
Es dauerte nur einen Monat, da verschickte Amazon Bücher an Lesefreudige in alle 50 US-Bundesstaaten. Auch in mehr als 45 Länder sendete Bezos seine Bücher bereits. Im zweiten Monat machte er schon 20.000 US-Dollar Umsatz in der Woche. 1996 erreichte Amazon bereits einen Umsatz von 15,7 Millionen US-Dollar. Ein Jahr später waren es schon 147,8 Millionen US-Dollar.
Ende der 1990er-Jahre trat Amazon dann auch in den deutschen Absatzmarkt ein. Das Unternehmen wuchs rasant und neben Deutschland gingen unter anderem auch Portale in England, Japan, China und Kanada online. Gleichzeitig entwickelte sich das Sortiment weiter: Neben Büchern verkauft Amazon heute ebenso Kleidung, Schuhe, Unterhaltungselektronik, Möbel und Haushaltsgeräte. Mittlerweile hat sich das Unternehmen zum weltgrößten Onlinehändler gemausert.
Jeff Bezos: Gründer, Visionär, Milliardär
Der Kopf hinter Amazon, Jeff Bezos, wurde als Jeffrey Preston Bezos am 12. Januar 1964 in Albuquerque, New Mexico geboren. Seine Eltern Jacklyn Gise Jorgensen und Ted Jorgensen reichten kurz nach seiner Geburt die Scheidung ein. Seine Mutter heiratete später den Exilkubaner und späteren "Exxon"-Ingenieur Mike Bezos. Die Familie zog daraufhin nach Houston, Texas, später nach Miami, Florida. Dort schrieb sich Bezos für ein Studium der Elektrotechnik und Informatik an der Princeton University ein. Dieses schloss er im Jahr 1986 mit Bestnote ab.
Es dauerte allerdings etwas, bis Bezos die Idee zu Amazon hatte. Er arbeitete zunächst bei dem Mobilfunknetzbetreiber FITEL. Später bekam er einen Job bei der Vermögensverwaltung "Bankers Trust", dann bei der Investmentbank D.E. Shaw & Co. Zusammen mit dessen Gründer hatte er die Idee eines Onlinebuchhandels, welche er im Jahr 1994 mit der Gründung von Amazon in die Wirklichkeit umsetzte.
Doch Bezos entwickelte nicht nur Amazon. Er ist auch der Gründer des Luft- und Raumfahrtunternehmens Blue Origin, welches im Jahr 2000 entstand. Blue Origin hat demnach die Vision, die Kosten für Weltraumflüge zu senken und gleichzeitig die Sicherheit in der Raumfahrt zu erhöhen. Das Unternehmen konzentrierte sich daher auf die Entwicklung wiederverwendbarer Flugsysteme. Seit 2013 ist Jeff Bezos zudem der Eigentümer der "Washington Post". Er erwarb die Tageszeitung für rund 250 Millionen Dollar.
Jeff Bezos hat mit dem Bezos Earth Fund und dem Bezos Day One Fund außerdem zwei wohltätige Organisationen gegründet. Der Bezos Earth Fund hilft bei der Finanzierung von Organisationen, die die Natur erhalten und schützen, der Bezos Day One Fund gewährt Zuschüsse, um obdachlosen Familien zu helfen, und baut ein Netzwerk von Vorschulen in einkommensschwachen Gemeinden auf.
Der Unternehmensgründer von Amazon übergab im Juli 2021 den Vorstandsvorsitz an Andy Jassy. Jassy war seit 2006 an der Entwicklung der Amazon Web Services beteiligt. Seitdem fungiert Bezos als Verwaltungsratschef von Amazon. Mit einem geschätzten Vermögen von 167,2 Milliarden Dollar ist Bezos derzeit der drittreichste Mensch der Welt (Stand: 5. Dezember 2023).
Die Services von Amazon
Alles begann mit einem Onlinebuchhandel, aber es blieb nicht lange nur dabei. Das Sortiment von Amazon erweiterte sich über die Jahre immer weiter – von Kleidung über DVDs bis hin zu Haushaltsgegenständen. Heute bietet Amazon neben dem Onlineversandhandel zahlreiche weitere Services an.
Amazon Marketplace
Mit Marketplace machte es Amazon auch Drittanbietern, ob privat oder kommerziell, möglich, ihre Produkte zu verkaufen. Diese können sowohl neu als auch gebraucht sein.
Prime Video
Wer ein Prime-Abonnement besitzt, kann auf diesen Service zugreifen und eine große Auswahl an Serien und Filmen kostenlos streamen.
Amazon Music
Amazon Music ist ein Online-Musikdienst, der Prime-Mitgliedern den Zugriff auf zahlreiche Songs, Podcasts und Playlist ermöglicht.
Bildergalerie: Das sind die größten Unternehmen der Welt
Das sind die zehn größten Unternehmen der Welt
Amazon Pay
Amazon Pay ist eine Online-Zahlungslösung, die es Amazon-Kunden möglich macht, auch bei externen Onlineshops Zahlungen über ihr Amazon-Konto zu tätigen.
Amazon Prime
Der Service Amazon Prime wird seit 2007 auch in Deutschland angeboten. Er punktet durch Vorteile wie kostenfreien Versand und Express-Lieferungen. Aber auch Services wie Prime Video oder Amazon Music sind im Prime-Abonnement enthalten.
Amazon Fresh
Mit Amazon Fresh kann man Lebensmittel, Tiefkühlprodukte und weitere Haushaltsartikel online bestellen und in wenigen Stunden nach Hause liefern lassen. Der Service bleibt Amazon-Prime-Kunden vorbehalten und ist nicht überall in Deutschland verfügbar.
Amazon Smile
Amazon wirbt damit, dass das Spendenprogramm Amazon Smile ein einfacher Weg sei, mit jedem Einkauf über Amazon eine wohltätige Organisation ohne Extrakosten zu unterstützen. Demnach spendet der Online-Händler 0,5 Prozent des Einkaufs an eine Organisation, die der Kunde voreinstellen kann.
Amazon Kindle
2007 brachte Amazon den Amazon Kindle auf den Markt - einen eBook-Reader, der mit dem Amazon-Webshop verbunden ist. So kann man sich in Sekundenschnelle Bücher auf das Lesegerät herunterladen. Inzwischen ist der Kindle in mehreren Versionen verfügbar.
Amazon Alexa
Alexa ist ein virtueller Sprachassistent, der seit 2014 in verschiedene Amazon-Geräte, wie zum Beispiel im Lautsprecher Echo, verbaut wird. So lassen sich sprachbasiert verschiedene Services aufrufen oder Skills abspielen. Das Angebot bietet von Musik über Einkaufslisten bis zu Quiz-Spielen und Vokabeltrainern eine große Auswahl.
Amazon Web Services
Amazon Web Services (AWS) ist eine Plattform für Cloud Computing, die Rechenleistung, Datenbankspeicherung und das Bereitstellen von Inhalten. Über die Jahre hinweg hat sich der Computing-Dienstleister zu einem der Marktführer unter den Cloud-Anbietern etabliert.
Amazon mit Problemen: Verluste und Entlassungen
Jeff Bezos verließ das Unternehmen 2021 als es auf seinem Höhepunkt war. Sein Nachfolger Andy Jassy hat seitdem mit massiven Problemen zu kämpfen. Nur ein Jahr nach dem Vorstandswechsel brach der Gewinn um über 50 Prozent ein. Nach dem Hoch in der Pandemiezeit, als Amazon von den Restriktionen profitierte, folgte der tiefe Fall. Nicht nur Rezession und Inflation machen dem Onlinehändler Probleme, auch inhouse läuft vieles nicht rund. Amazon hat während der Corona-Pandemie massiv in neue Lagerhallen und Logistiksysteme investiert, die heute oft leer stehen. Verbraucher kaufen weniger und Konzerne schränken die Marketingausgaben ein. Dazu kommt, dass der Sprachassistent Alexa seit Jahren ein Verlustgeschäft ist. 2023 kam es daher zum größten Personalabbau in der Geschichte des Konzerns, als Jassy Anfang des Jahres ankündigte, mehr als 18.000 Stellen zu streichen. Nur ein paar Monate später folgten weitere 9.000 Arbeitsplätze. Die Kündigungswelle betrifft hauptsächlich die defizitären Sparten Geräte und Dienstleistungen, also Alexa und die Cloud-Abteilung Web Services.
Problematische Praktiken und Arbeitsbedingungen
Der Internet-Gigant Amazon ist beliebt – steht wegen seiner Praktiken aber auch oft in der medialen Kritik.
Grund dafür sind unter anderem die schlechten Arbeitsbedingungen, die auch in den deutschen Amazon-Werken herrschen sollen. Nach NDR-Recherchen, die im Jahr 2017 veröffentlicht wurden, soll das Unternehmen in einem Logistikzentrum Überwachungskameras installiert haben und einzelne Arbeitsschritte laufend registriert haben. Auch habe Amazon 2017 in Deutschland ein an Krankheitstage gekoppeltes Prämienmodell eingeführt. Damit könne das Gehalt gesteigert werden, wenn innerhalb eines Monats besonders wenige Mitarbeiter krank gewesen seien. Kritisiert werden außerdem die schlechten Arbeitsbedingungen der Paketzusteller und Fahrer bei Subunternehmen. Berichte von unterbezahlten Mitarbeiter:innen, Prämien für seltene Krankschreibungen und unfaire Arbeitsbedingungen gibt es auch aus den USA, England oder Italien.
Umstritten ist Amazon ebenfalls beim Thema Steuern. So soll der Konzern im Jahr 2012 einen Großteil seines Umsatzes mit deutschen Kund:innen über Gesellschaften in Luxemburg abgewickelt haben. Dadurch musste das Unternehmen in Deutschland kaum Steuern zahlen. Diese Strategie nennt man auch "Double Irish With a Dutch Sandwich" und bedeutet eine aktive Steuervermeidung von Konzernen. Drei Jahre später gelobte Amazon Besserung: Künftig wollte die Firma ihre Steuerstrategie ändern und Gewinne aus Verkäufen in Amazon.de auch in Deutschland versteuern. Ein Londoner Forscherteam fand 2022 jedoch heraus, dass der Amazon-Konzern weiterhin 75 Prozent seiner Geschäfte außerhalb der USA über Tochterunternehmen in Luxemburg laufen lässt.
Ein weiterer Kritikpunkt bei Amazon ist die Nachhaltigkeit. 2017 wurde dazu ein Bericht von Greenpeace veröffentlicht. Die von Amazon produzierten Geräte erhielten schlechte Bewertungen, unter anderem in den Bereichen Ökologie der Energie, Wiederverwendbarkeit der Materialien oder Einsatz von Giften. Greenpeace bemängelt auch den Umgang Amazons mit Retouren oder unverkauften Produkten. Recherchen zeigten, dass sogar neue, aber nicht verkaufte Produkte in sogenannten "Destroy-Stationen" in Müllpressen gekippt werden. Das regelmäßige Entsorgen von Neuware sei demnach eine gängige Praxis. Amazon bestreitet die Vernichtung von Neuware nicht. Man arbeite aber daran, möglichst gar keine Produkte zu deponieren, da sonst zu hohe Langzeitlagergebühren anfielen.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Amazon: "Unsere Geschichte: Was aus einer Garagen-Idee werden kann?", "Officers and directors"
- Forbes: "Jeff Bezos", "The World's Real-Time Billionaires"
- Tagesschau: "Miese Arbeitsbedingungen bei Subunternehmen"
- Statista: Die 25 reichsten Menschen der Welt 2023