Millionen zur Wahl aufgerufen
Die Europawahl 2024: Wie sie funktioniert, was sie bedeutet
- Aktualisiert: 10.05.2024
- 08:22 Uhr
- dpa
Bald wird in Europa gewählt. Millionen EU-Bürger:innen können dann ihre Stimmen abgeben und damit die EU-Politik für fünf Jahre entscheidend prägen.
Bald ist Europawahl - aber worüber wird Anfang Juni eigentlich genau abgestimmt - und worüber nicht? Welchen Einfluss hat das Europaparlament? Ein Überblick.
Im Video: Interesse an der Europawahl steigt - was bewegt die Menschen der EU?
Interesse an der Europawahl steigt: Was bewegt die Menschen der EU?
Wann findet die Europawahl statt?
Vom 6. bis 9. Juni können Stimmen abgegeben werden - je nach Land an einem anderen Tag. Den Auftakt machen die Niederländer:innen, die am Donnerstag, 6. Juni, an die Urne gehen können. Es folgen Irland, einen Tag darauf Lettland, Malta und die Slowakei.
Im Rest der EU wird wie in Deutschland am Sonntag, 9. Juni, gewählt. Mit den unterschiedlichen Daten sollen verschiedene Wahltraditionen in den Ländern beibehalten werden können. In der Bundesrepublik sind die Wahllokale wie auch bei Bundestagswahlen von 8 bis 18 Uhr geöffnet.
Wer darf bei der Europawahl abstimmen?
Erstmals dürfen in Deutschland bei einer Europawahl auch Minderjährige abstimmen. Das Wahlalter wurde von 18 auf 16 Jahre herabgesetzt. Damit hat sich die Zahl der Wahlberechtigten von rund 61,5 Millionen im Jahr 2019 auf knapp 65 Millionen Menschen für die bevorstehende Wahl erhöht.
Deutschland ist damit eines der wenigen Länder, in dem sich Minderjährige an der Wahl beteiligen dürfen. Nach Angaben des EU-Parlaments von August ist dies sonst nur in Österreich, Belgien, Malta und Griechenland möglich. Das Wahlalter in Griechenland liegt bei 17 Jahren. Insgesamt leben in der EU knapp 360 Millionen Wahlberechtigte.
Deutsche, die nicht in Deutschland wohnen und an der Wahl teilnehmen wollen, müssen vor jeder Wahl einen förmlichen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stellen. Dabei gibt es laut der Bundeswahlleiterin unterschiedliche Verfahren, je nachdem in welchem Land man wohnt.
Wer wird bei der Europawahl gewählt?
Gewählt werden 720 Abgeordnete. Von der reinen Anzahl her sind das zwar weniger Politiker:innen als bei der vergangenen Wahl, damals zogen 751 Volksvertreter:innen ins Parlament ein. Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU verloren aber auch zahlreiche Abgeordnete ihr Mandat. Im Vergleich zur derzeitigen Zahl der Abgeordneten werden 15 Plätze mehr vergeben.
Wie sind die Abgeordneten auf die Länder verteilt?
Deutschland ist das Land mit den meisten Wahlberechtigten und stellt als bevölkerungsreichstes Land in der EU auch die meisten Abgeordneten. Deutsche sind im Parlament aber dennoch unterrepräsentiert. Während eine deutsche Abgeordnete oder ein deutscher Abgeordneter gemessen an der Gesamtbevölkerung im Schnitt grob 875.000 Menschen vertritt, sind es bei Abgeordneten aus Malta nur knapp 100.000. Gäbe es diese Ungleichheit nicht, müsste das Parlament entweder deutlich größer werden oder die Bürger:innen der kleinsten EU-Länder würden lediglich von einem Abgeordneten oder einer Abgeordneten vertreten.
Wie wird gewählt?
Das unterscheidet sich von EU-Land zu EU-Land, teils von Partei zu Partei. In Deutschland stellen die meisten Parteien bundesweit Listen auf, deren Reihenfolge auf einem Parteitag festgelegt wird. Je mehr Stimmen eine Partei bekommt, desto mehr Menschen von dieser Liste ziehen ein.
Bei der CDU/CSU werden Listen nicht bundesweit, sondern auf Landesebene verabschiedet. EU-weit einheitlich ist, dass die Anzahl der Abgeordneten einer Partei proportional zur Anzahl der erhaltenen Stimmen sein muss. Länderübergreifende Listen gibt es nicht.
Welche Auswirkungen hat die Europawahl?
Welche Mehrheiten im Parlament organisiert werden können, hat entscheidenden Einfluss auf neue EU-Gesetze. So musste bei vielen aktuellen Vorhaben wie etwa dem Verbrenner-Aus oder umstrittenen Naturschutz- und Klimagesetzen eine Mehrheit im Parlament zustimmen. Auch bei der Verteilung von Geld, wie der milliardenschweren EU-Agrarförderung, hat das Parlament einen großen Einfluss.
Die meisten Gesetze werden aber zusammen mit den EU-Staaten verhandelt und müssen auch im sogenannten Rat eine Mehrheit finden. Dort entscheiden Vertreter:innen der jeweiligen nationalen Regierungen. Auf die Mehrheitsverhältnisse in dieser Institution hat die Europawahl keinen direkten Einfluss.
Die Besetzung der EU-Kommission nach der Wahl kann das Parlament hingegen beeinflussen. Die Behörde hat das alleinige Recht, konkrete EU-Rechtsakte vorzuschlagen, die dann von Parlament und den EU-Staaten ausgehandelt werden. Zwar ist es zunächst Aufgabe der Staats- und Regierungschefs, einen Vorschlag für die Präsident:in zu machen, das Parlament kann diese:n aber ablehnen. In der Regel wird auch ein Kandidat:in aus den Reihen der größten Fraktion im Parlament vorgeschlagen.
Der Rat und die designierte Präsident:in erarbeiten dann eine Liste der restlichen Kommissar:innen, je eine Person aus jedem EU-Staat. Das Parlament muss auch der Ernennung der restlichen Kommissar:innen zustimmen.
Welche nationalen Besonderheiten gibt es?
In Deutschland gibt es wie etwa auch in den Niederlanden keine Sperrklausel. Das heißt, sobald eine Partei rund einen Prozentpunkt bekommt, kann sie mit einem Sitz im Parlament rechnen. In den Niederlanden braucht es knapp 3,25 Prozent für einen Sitz.
Andere Länder haben hingegen eine Sperrklausel. In Frankreich etwa muss eine Partei mindestens fünf Prozent der Stimmen auf sich vereinen, in Österreich sind es vier Prozent. Zudem besteht in einigen EU-Ländern formell eine Wahlpflicht. Das ist etwa in Belgien, Luxemburg oder Griechenland der Fall.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa