Ist der "Würgeengel" zurück?
Kritischer Zustand eines Schülers nach Diphtherie-Infektion in Berlin
- Aktualisiert: 17.10.2024
- 17:28 Uhr
- Emre Bölükbasi
Einst galt Diphtherie als Haupttodesursache unter Kleinkindern, doch seit Jahrzehnten wird die Infektion nicht mehr gefürchtet. Zwei neue Diphtherie-Fälle in Berlin lassen jetzt aber die Alarmglocken wieder schrillen.
Ein Zehnjähriger aus dem brandenburgischen Landkreis Havelland ist schwer an Diphtherie erkrankt. Der Junge musste sogar invasiv beatmet werden, wie die "Märkische Allgemeine Zeitung" (MAZ) am Sonntag (13. Oktober) unter Berufung auf den Landkreis berichtete. Konkret leide das Kind an einer schweren Rachendiphtherie.
Kind war ungeimpft - weiterer Schüler infiziert
Der Junge sei zuvor am 26. September aufgrund "einer akuten Entzündung der Rachenmandeln" im Klinikum Westbrandenburg in Potsdam aufgenommen worden. Dort sei auch die Erkrankung an der lebensbedrohlichen Infektion diagnostiziert worden. Laut "Bild" wurde das Kind aufgrund des schweren Krankheitsverlaufs anschließend in die Charité Berlin gebracht und wird dort behandelt.
Der Zehnjährige sei zuvor nicht gegen Diphtherie geimpft worden. Die Eltern hätten Empfehlungen zur Immunisierung "nicht so ernst genommen", zitierte die "Bild" einen Insider.
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Da Diphtherie eine ansteckende Infektion ist, leitete das Gesundheitsamt im Havelland laut der MAZ "Ermittlungen und Maßnahmen zum Schutz der engen Kontaktpersonen im privaten und schulischen Umfeld" ein. "Bild" zufolge wurde dabei an der Waldorfschule in Berlin-Spandau, die das Kind besuchte, ein weiterer Diphtherie-Fall diagnostiziert. Die betroffene Person sei aber gegen die Infektion geimpft und der Krankheitsverlauf sei milde.
Diphtherie grassierte einst in Europa
Die Infektion wird durch Bakterien verursacht, die ein starkes Gift absondern. Das kann zu lebensbedrohlichen Umständen führen. Verbreitet wird Diphtherie laut der AOK dabei über Tröpfchen - also etwa durch Niesen, Husten, Küssen oder auch unmittelbaren Hautkontakt.
Diphtherie galt in Europa lange Zeit als eine der gefährlichsten Infektionen. Im 19. Jahrhundert fielen rund 50.000 Kinder jährlich der Krankheit zum Opfer. Besonders Emil von Behring trieb mit seiner Forschung den Kampf gegen Diphtherie voran, die Opferzahlen gingen runter.
Das sind die Symptome des "Würgeengels"
Laut der AOK ist die Rachendiphtherie die am weitesten verbreitete Version der Infektion. Dabei komme es zu schweren Entzündungen im Rachen- und Kehlkopfbereich. Weil die Entzündung "zu einer Verengung der Atemwege, zu Atemnot und Erstickungsanfällen" führen kann, wurde die Infektion im 20. Jahrhundert auch als "Würgeengel" bekannt.
Der AOK zufolge können bei der Rachendiphtherie neben dem Rachen auch die Mandeln und die Nase betroffen sein. "In der Regel beginnt eine Infektion zunächst mit Halsschmerzen, Schluckbeschwerden und erhöhter Temperaturen bis zu 39 Grad Celsius", so die Gesundheitskasse. Auch Heiserkeit, pfeifende oder zischende Atemgeräusche, Lähmung des Gaumensegels, und eine Schwellung der vorderen Halslymphknoten werden als Symptome gelistet.
- Verwendete Quellen:
- AOK: Wie gefährlich ist Diphtherie wirklich – und wie wirkt die Impfung?
- Bild: Diphtherie bricht an Berliner Schule aus