Tarifstreit mit EVG
Schlichtung bei der Bahn beginnt - sind Streiks nun endlich vom Tisch?
- Aktualisiert: 18.07.2023
- 08:05 Uhr
- Anne Funk
Nach langen, erfolglosen Tarifverhandlungen haben Deutsche Bahn und EVG einem Schlichtungsverfahren zugestimmt. Bis Ende Juli wird nun durch zwei Schlichter verhandelt.
100 Stunden Verhandlung und zwei Warnstreiks haben Deutsche Bahn (DB) und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bereits hinter sich - doch eine Einigung auf einen neuen Tarifvertrag wurde noch nicht erzielt. Nun soll vermittelt werden: Ab Montag (17. Juli) soll der Streit per Schlichtungsverfahren beigelegt werden. Was das genau bedeutet und wie das Verfahren abläuft - ein Überblick:
Gibt es nun keine Streiks mehr?
Ja, zumindest bis Ende August sind Streiks ausgeschlossen, beide Seiten haben sich vor und während der Schlichtung auf eine Friedenspflicht verständigt. Zudem sicherte die EVG zu, auch während der Urabstimmung keine Streiks durchzuführen. Das bedeutet für fast alle Bundesländer: keine Streiks in den Sommerferien. In Bayern und Baden-Württemberg enden die Ferien erst Mitte September.
Wer schlichtet nun?
Jede Seite im Streit durfte einen Schlichter benennen. Die Entscheidung fiel dabei auf Vermittler:innen mit viel Erfahrung in der politischen und gesellschaftlichen Arbeit.
Für die EVG geht Heide Pfarr in die Verhandlungen: Die 78-jährige Sozialdemokratin war lange Direktorin des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in Düsseldorf und Mitglied der Geschäftsführung der Hans-Böckler-Stiftung. Die Arbeitsrechtlerin war außerdem einige Monate für die SPD Senatorin in Berlin und Anfang der 90er-Jahre kurzzeitig hessische Arbeitsministerin.
Die Deutsche Bahn hat sich für den früheren Bundesinnen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) entschieden. Der 69-Jährige war zudem Kanzleramtschef und hatte mehrere Ministerposten in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen inne.
Zusätzlich zu den Schlichtern werden kleine Delegationen von EVG und DB teilnehmen.
Wie lange wird die Schlichtung dauern?
Die Schlichtung soll bis zum 31. Juli dauern, ob allerdings jeden Tag Treffen stattfinden, ist nicht bekannt. Sie endet mit dem Schlichterspruch. Wenn beide Seiten diesem zustimmen, liegt ein Tarifergebnis vor und der Tarifkonflikt ist beendet.
Allerdings will die Gewerkschaft nach der Schlichtung noch eine Urabstimmung unter ihren Mitgliedern durchführen. Dabei soll entschieden werden, ob alle dem Ergebnis zustimmen oder ob es zu einem Streik kommen soll. Erst für Ende August wird ein Ergebnis der Urabstimmung erwartet. "In einen unbefristeten Streik treten wir ein, wenn mehr als 75 Prozent der Rückmeldungen für Streik stimmen", teilte die EVG mit. Somit ist die Hürde für den Arbeitskampf deutlich höher als jene für die Annahme des Schlichterspruchs.
Wie groß sind die Chancen auf Erfolg?
Das ist im Vorfeld schwer einzuschätzen, eine Schlichtung kann aber an sich schon als Zeichen der Annäherung und beidseitige Willensbekundung zu einer gemeinsamen Lösung gesehen werden. Auch Schlichtungen können scheitern, bei der Bahn zuletzt 2020, als der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) vergeblich zwischen der Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) vermittelte.
Sind nach einer Einigung die Bahn-Streiks endlich vorbei?
Leider nein. Denn im Herbst stehen weitere Verhandlungen der Bahn an - mit der deutlich kleineren, aber streitbareren Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) unter ihrem Chef Claus Weselsky. Ende Oktober läuft dort die Friedenspflicht aus, dann könnte die GDL zu Warnstreiks aufrufen.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa