Ukraine-Krieg
Reaktion auf Kursk: Putin fordert Rückeroberung der Grenzregion bis Oktober
- Aktualisiert: 23.08.2024
- 09:12 Uhr
- Kira Born
Nach den Erfolgen der Ukraine in der Kursk-Offensive soll Präsident Putin nun die Rückeroberung der Grenzregion angeordnet haben - und das bis Oktober.
Das Wichtigste in Kürze
Die ukrainischen Streitkräfte rücken immer weiter in die russische Grenzregion Kursk vor.
Trotz des Drucks, den Kiew versucht, auf Moskau aufzubauen, soll Präsident Wladimir Putin nicht zu Verhandlungen bereit sein.
Putin soll jetzt das Zurückdrängen der ukrainischen Armee aus der Region Kursk bis Oktober angeordnet haben.
1.250 Quadratkilometer russisches Territorium sollen die ukrainischen Streitkräfte bereits erobert haben. Das sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj vor ukrainischen Diplomat:innen und Beamt:innen. Ziel der Kursk-Offensive sei es, eine "Pufferzone" zu errichten und verbesserte Verhandlungsposition mit dem Kreml zu schaffen, so Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Sonntag (18. August).
Russlands Präsident Wladimir Putin sei zu keinerlei Gesprächen bereit, erklärte hingegen der russische Außenminister Sergej Lawrow im russischen Staatsfernsehen. Der Kreml-Chef wolle eine Gegenoffensive starten und dem Vormarsch der Ukrainer einen Riegel vorschieben: Nach Berichten der ukrainischen Nachrichtenagentur RBC-Ukraine soll Putin dem Militär befohlen haben, die eingenommenen Gebiete in Kursk bis zum 1. Oktober zurückzuerobern.
Offen ist jedoch, mit welchen Ressourcen dies geschehen soll, angesichts der parallel laufenden russischen Offensive an der Front in Pokrowsk und Torezk.
Die Hauptaufgabe des Verteidigungsministeriums besteht nun darin, den Feind aus unseren Gebieten zu vertreiben und eine zuverlässige Grenzsicherung zu gewährleisten.
Wladimir Putin
Putin setzt Frist für Rückeroberung der Region Kursk
Erst kürzlich war der Kreml-Chef zum Staatsbesuch bei einem seiner Verbündeten – dem Präsidenten von Aserbaidschan, Ilham Aliyev. Unterstrichen wurde bei dem Treffen der Zusammenhalt der beiden Länder, der Handel mit Öl und Gas sowie der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien. Die Kursk-Offensive, die die russische Führung aktuell unter Druck setzt, blieb jedoch außen vor, wie unter anderem die "Tagesschau" meldete.
Inzwischen soll Putin jedoch eine Gegenoffensive angeordnet haben. Der russische Präsident habe seiner militärisch-politischen Führung befohlen, die ukrainischen Streitkräfte zurückzudrängen, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur RBC Ukraine am Dienstag (20. August). Bis zum 1. Oktober soll demnach die Region Kursk "befreit" werden. "Die Hauptaufgabe des Verteidigungsministeriums besteht nun darin, den Feind aus unseren Gebieten zu vertreiben und eine zuverlässige Grenzsicherung zu gewährleisten", sagte Putin bei einer Krisensitzung in Moskau, meldete die Deutsche Presse-Agentur ebenfalls am Dienstag.
Bei 1,3 Millionen aktiven Soldat:innen, wie Daten von Statista und dem Deutschen Institut für internationale Politik und Sicherheit belegen, dürfte dies kein Problem sein.
In Berichten der ukrainischen Nachrichtenagentur heißt es jedoch, dass auf Anweisung des russischen Präsidenten keine Truppen aus den Schlüsselgebieten im Donbass für die Gegenoffensive abgezogen werden sollen. An den Fronten bei Pokrowsk und Torezk solle demnach eine "Mischung" an Einheiten für den Einsatz in Kursk zusammengestellt werden. RBC-Ukraine zufolge deutet dies darauf hin, dass die russischen Streitkräfte in Bedrängnis sind und nur "wenige freie" Ressourcen zur Verfügung haben. Das zeige sich darin, dass die besetzten Gebiete in der Ostukraine trotzdem eine höhere Priorität genießen als das von der Ukraine besetzte Grenzgebiet, heißt es weiter in den Berichten von RBC-Ukraine.
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Putin nicht zu Gesprächen mit Kiew bereit
Während Kiew sich durch die Gegenoffensive eine bessere Verhandlungsposition erhofft, schaltet Kremlchef Wladimir Putin auf stur. Er will nach Angaben aus Moskau nicht mehr verhandeln. "Der Präsident hat sehr deutlich gesagt, dass nachdem die Angriffe, genauer gesagt die Invasion im Gebiet Kursk begonnen hat, von Verhandlungen keine Rede sein kann", sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Rande von Putins Besuch in Aserbaidschan im russischen Staatsfernsehen.
Die Ukraine wolle mit dem Vorstoß ihre künftige Verhandlungsposition stärken, erklärte Putin. Er erteilte Verhandlungen aber eine Absage. "Über welche Art von Verhandlungen können wir überhaupt mit Leuten reden, die wahllos Zivilisten und zivile Infrastruktur angreifen oder versuchen, Atomkraftwerke zu gefährden?" Die russische Offensive im Osten und Süden der Ukraine werde ungehindert weitergehen, kündigte der russische Machthaber an.
Putin wies den Inlandsgeheimdienst FSB und die Nationalgarde an, ukrainische Späh- und Sabotagetrupps aufzuspüren und auszuschalten. Russland hat in den drei Grenzgebieten Brjansk, Kursk und Belgorod eine Anti-Terror-Operation ausgerufen. Das bedeutet, dass der FSB das Sagen hat. Aber es heißt auch, dass Geheimdienst, Armee und Nationalgarde sich abstimmen müssen. "Trotz des Heranführens zusätzlicher Armeeeinheiten ist es bisher nicht gelungen, die Frontlinie zu stabilisieren", meldete der russische Militärblog Rybar.
Berichte über Kontakte zwischen den Kriegsparteien, die von Mittlern wie Katar oder der Türkei hergestellt wurden, seien nichts weiter als Gerüchte, erklärte Außenminister Lawrow.
Ukrainische Truppen im Osten des Landes unter Druck
Während die ukrainischen Truppen auf russischem Gebiet vorankommen, bleibt die Lage an der Front im Osten des eigenen Landes schwierig. Am Montag (19. August) habe es auf ukrainischem Gebiet 154 Gefechte gegeben, meldete der Generalstab in Kiew in seinem abendlichen Lagebericht. Wichtigste Angriffsrichtung der Russen bleibt demnach der Raum Pokrowsk im Gebiet Donezk, in dem mehr als ein Drittel der Angriffe stattfanden. Dem Generalstab zufolge wurden allein dort mehr als 300 russische Soldaten getötet oder verletzt. Unabhängig lassen sich diese Angaben nicht überprüfen.
Vor allem die Angriffe aus der Luft machen den ukrainischen Soldat:innen weiterhin zu schaffen. Im Lagebericht ist von 71 russischen Luftschlägen und dem Abwurf von 86 gelenkten Gleitbomben die Rede. Daneben seien zahlreiche Kamikaze-Drohnen gegen ukrainische Stellungen, aber auch Siedlungen eingesetzt worden, hieß es.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Frankfurter Rundschau: "Ukrainische Offensive in Kursk: Putin befiehlt 'Befreiung' im Oktober"
- Statista: "Vergleich der Militärstärke von NATO und Russland im Jahr 2024"
- Stiftung Wissenschaft und Politik: "Wie Russland für einen langen Krieg rekrutiert"